Balance zwischen Traditionserhalt und Veränderungswillen wichtig
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"Das haben wir immer schon so gemacht", oder "das hat bei uns Tradition", sind Aussagen, die jede und jeder in den unterschiedlichsten Kontexten kennt. Die Vermutung liegt nahe, dass wir alle diese Worte auch schon selbst in den Mund genommen haben. Wir sind Gewohnheitstiere und unsere Traditionen sind uns heilig.
Traditionen geben ein Gefühl der Identität, Kontinuität und Sicherheit. Sie verbinden uns mit unserer Vergangenheit und geben uns ein Fundament, von dem aus wir in die Zukunft blicken können. Traditionen sind ein Anker in einer sich ständig verändernden Welt. Sie bieten uns Orientierungspunkte, die uns helfen, unseren Platz in der Gesellschaft zu finden.
Veränderung ist ebenfalls eine unausweichliche und lebenswichtige Kraft. "Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung", schrieb schon einst Heraklit. Veränderung treibt Fortschritt voran, fördert Innovationen und ermöglicht es uns, Herausforderungen zu bewältigen. Sie hilft, überkommene Praktiken zu hinterfragen, Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und eine inklusivere Gesellschaft zu schaffen.
Allerdings: Die Ambivalenz zwischen Tradition und Veränderung liegt in ihrem inhärenten Konflikt. Einerseits sehnen wir uns nach der Stabilität und Sicherheit, die Traditionen bieten. Andererseits streben wir nach Erneuerung und Verbesserung, die durch Veränderung ermöglicht werden. Dieser Konflikt ist oft die Quelle von Spannungen innerhalb von Gemeinschaften und zwischen Individuen. Tradition kann als Barriere für Veränderung wahrgenommen werden, insbesondere wenn sie starre Strukturen fördert und erhält, die Fortschritt bremsen oder gar verhindern. Gleichzeitig kann eine zu rasche oder rücksichtslose Veränderung zu einem Verlust von Identität führen und das gesamte Gefüge destabilisieren.
In einer Welt, die sich immer schneller verändert, ist die Fähigkeit, die Balance zwischen Traditionsbewahrung und gleichzeitigem Veränderungswillen zu finden, wichtiger denn je. Es erfordert Weisheit, Flexibilität und den Mut, Altes zu hinterfragen und Neues zu wagen. Die Ambivalenz von Tradition und Veränderung muss nicht aufgelöst werden. Es handelt sich um eine dynamische Spannung, die kreativ gemanagt werden muss, um eine lebendige und adaptive Kultur zu fördern.
Die Autorin
Friederike Frücht leitet die Abteilung Kommunikation der kfd und ist Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift Junia.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.