Diskussion um Gültigkeit von Sakramenten

Marschler: Abweichen vom Wortlaut in der Liturgie ist Klerikalismus

Veröffentlicht am 16.02.2024 um 11:46 Uhr – Lesedauer: 

Wien/Augsburg ‐ Wenn sich Priester nicht an die liturgischen Formeln halten, stelle sich die Frage, ob sie die Absicht haben, das "zu tun, was die Kirche tut", sagt Thomas Marschler. In diesem Verhalten sieht der Theologe eine besondere Spielart des Klerikalismus.

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Der Augsburger Dogmatiker Thomas Marschler spricht sich für die genaue Einhaltung liturgischer Normen aus. "Wenn Diakone oder Priester teils über mehrere Jahrzehnte konsequent eine abgeänderte Taufformel verwendet haben, wird man mindestens von habituell gewordener Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Sakrament, eher aber von einer besonderen Spielart des Klerikalismus sprechen müssen", schreibt Marschler in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift "Communio" (Freitag). Zelebranten setzten so laut Marschler ihre privaten theologischen Überzeugungen an die Stelle der kirchlichen Norm.

In diesen Fällen stelle sich auch die Frage, ob der Sakramentsspender die Absicht habe, das "zu tun, was die Kirche tut". Das könne sich auf die Gültigkeit des Sakraments auswirken. "Wer dagegen das Argument setzt, der große Schöpfergott werde sich in seinem Handeln schon nicht kleinlich an menschliche Worte binden, verkennt die Gestalt des göttlichen Heilswirkens, in dem es auf konkrete Menschen mit konkreten Absichten, Worten und Taten ankommt", so Marschler. Das sei so anstößig wie die Menschwerdung Gottes in einem einzigen Menschen an einem bestimmten Punkt der Geschichte. Solche Eingriffe seien grundsätzlich ein schwerer Akt des kirchlichen Ungehorsams. Während die erneuerte Liturgie "legitimer Vielfalt" Raum biete, blieben die wesentlichen Elemente der sakramentalen Liturgien der Verfügung des einzelnen Spenders und der einzelnen Gemeinde entzogen.

Der Vatikan veröffentlichte Anfang Februar eine Note des Glaubensdikasteriums mit dem Titel "Gestis verbisque" ("Durch Gesten und Worte"). Darin forderte der Glaubenspräfekt Victor Manuel Fernández eine strikte Einhaltung der vorgegebenen Formel bei Taufe und allen anderen Sakramenten. Eine Änderung der Formel sei ein "schwerwiegender und unerlaubter Akt". Bei den Gottesdiensten hätten die Geistlichen einen gewissen Spielraum, bei den Sakramenten müssten die Vorschriften jedoch eingehalten werden. Das vatikanische Glaubensdikasterium hatte im Sommer 2020 festgestellt, dass eine Abänderung der Taufformel von der ersten Person Singular in die erste Person Plural nicht zulässig sei. Entsprechende Versuche der Spendung seien ungültig. Gültig wird das Sakrament nur mit der Formel "Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" gespendet. Veränderungen führten zu ungültigen Taufen, die wiederholt werden müssten. Die Note sorgte für Diskussionen bei Theologen. (ben)