Alberto Melloni spricht sich für Konklave-Reform aus

Kirchenhistoriker: Papstwahl vor Fake-News-Einfluss schützen

Veröffentlicht am 27.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ Wie wird die nächste Papstwahl im Vatikan ablaufen? Wer wird sich einmischen? Mit welchen Tricks wird man versuchen, im Zeitalter von Fake News und KI die Kardinäle zu manipulieren? Ein Historiker schlägt Alarm.

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Papst Franziskus ist mal wieder krank. Nur eine leichte Grippe und kein Fieber, sagen seine Presseleute. Dennoch: Seit einigen Monaten hält sich der Eindruck, dass das Kirchenoberhaupt nicht mehr richtig fit wird.

Vor diesem Hintergrund hat der Kirchenhistoriker Alberto Melloni erneut eine Änderung der Wahlordnung für Päpste gefordert. In einem am Montag von der italienischen Zeitschrift "Il Mulino" online verbreiteten Text schreibt Melloni, eine Reform des Konklave-Ablaufs sei dringend notwendig. Melloni (65) ist einer der bekanntesten Kirchenhistoriker Italiens und lehrt an der Universität von Bologna.

In einem Zeitalter, in dem Großmächte ihr imperialistisches Vormachtstreben zu verwirklichen versuchten, sei die katholische Kirche die einzige universale Institution, die ein natürliches Gegengewicht bilde. Gerade deshalb könne die Wahl ihres Oberhaupts zu einem möglichen Objekt von Einflussnahmen dieser Mächte werden.

Gezielte Desinformation

Mit gezielten Desinformationen sei es möglich, die Wahl eines Papstes zu beeinflussen, zumal vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals, erklärte Melloni. Dieser sei zu einem "Schalter" geworden, mit dem jedes interessierte Lager jeden möglichen Kandidaten kippen könnte. Deshalb müssten Vorkehrungen getroffen werden, damit nicht die Kardinäle durch entsprechende Beschuldigungen gegen einen Kandidaten dazu verleitet würden, einen schlechteren Kandidaten zum Papst zu wählen.

Das eigentliche Ziel des Konklave-Verfahrens, so Melloni weiter, sei es nicht, "den heiligsten, den gelehrtesten oder den klügsten" zu wählen, sondern sicherzustellen, dass die Gültigkeit der Wahl unanfechtbar sei. Im Zeitalter von Sozialen Medien und Künstlicher Intelligenz sei das Risiko einer von außen mit Informationskampagnen manipulierten Wahl größer denn je.

Bild: ©KNA/Romano Siciliani

Alberto Melloni ist einer der bekanntesten Kirchenhistoriker Italiens und lehrt an der Universität von Bologna.

Wörtlich schreibt Melloni: "Ist das Konklave, diese 800 bis 1.000 Jahre alte Institution, in der Lage, die Kirche gegen einen geplanten Angriff dieser Tragweite zu schützen? Der Papst kennt diese Frage nur zu gut, und es gibt keine einfache Antwort darauf." Eine Sicherheit gäbe es nur dann, so Melloni weiter, wenn das Kardinalskollegium nach der Wahl geschlossen hinter dem neuen Papst stehen würde – egal welche Vorwürfe gegen ihn erhoben würden.

Mehrheiten in kürzester Zeit

Die geltende Wahlordnung führe jedoch dazu, dass sich in kürzester Zeit Mehrheiten hinter einem Kandidaten zusammenfänden, der in den ersten beiden Wahlgängen zum Favoriten aufsteigt. Die Papstwahlen von 2005 und 2013 hätten kaum länger als 24 Stunden gedauert. Eine solche Zeit sei zu kurz angesichts der drohenden Risiken.

Melloni schlug deshalb vor, die Wahlordnung an zwei entscheidenden Punkte zu ändern: So solle zwischen den Wahlgängen immer ein ganzer Tag zur Reflexion und Diskussion liegen, um den medialen Druck aus dem Konklave herauszunehmen. Ferner solle der am Ende mit Zweidrittelmehrheit Gewählte einen ganzen Tag Zeit bekommen, um durch Überlegung und Beratung zu einer wohl abgewogenen Entscheidung zur Wahlannahme zu kommen.

Melloni schließt seine Ausführungen mit den Worten: "Wird Papst Franziskus das Konklave reformieren? Wahrscheinlich ja, aus den geschilderten Gründen." Aber wie er es machen wird, sei schwer zu sagen, so Melloni weiter, zumal ihm herausragende Kirchenrechtler fehlten. Aber wenn er das Konklave nicht reformiere, bestehe die Gefahr, dass "ein kriegführendes Land oder eine Großmacht der Informationstechnologie" sich ähnlich massiv einmischen könnte, wie dies bei Papstwahlen im Mittelalter der Fall war.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)