Französische Bischöfe kritisieren neues Abtreibungsrecht
Mit Bedauern reagiert die Französische Bischofskonferenz auf die Freigabe von Abtreibung mit Verfassungsrang. Abtreibung bleibe ein Angriff auf das Leben und könne nicht nur aus dem Blickwinkel der Frauenrechte betrachtet werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung vom Donnerstagabend. Auch hätten die Gesetzgeber keine Unterstützungsmaßnahmen für jene erwähnt, die ihr Kind behalten möchten.
Garantierte "Freiheit zum Schwangerschaftsabbruch" ist demnächst Teil in Frankreichs Verfassung. Beide Parlamentskammern hatten zur Wochenmitte dem Projekt von Staatspräsident Emmanuel Macron zugestimmt. Sie müssen nun noch einmal am Montag in einer gemeinsamen Sitzung mit einer Mehrheit von 60 Prozent Grünes Licht geben.
"Da zahlreiche Formen von Gewalt gegen Frauen und Kinder ans Licht kommen, wäre es ehrenhaft gewesen, in der Verfassung unseres Landes den Schutz von Frauen und Kindern in den Mittelpunkt zu stellen", schreiben die Bischöfe. Auch verweisen sie auf die Gewissensfreiheit der Ärzte und aller Beschäftigten im Gesundheitswesen; ihr Mut und Engagement sei zu würdigen.
Kritische Anfrage an Debattenkultur
Kurz vor der Abstimmung im Senat hatte der Erzbischof von Lyon, Olivier de Germay, kritisch angefragt, ob eine Debatte über heikle gesellschaftspolitische Fragen überhaupt noch möglich sei. "Heute wird es immer schwieriger, sich zu diesen Themen zu äußern, ohne das Risiko einzugehen, zur Zielscheibe der Medien zu werden", so der Primas Galliens. Auch viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens hätten die Debatte bereits verlassen. Im Kern gehe es auch um Meinungs- und Gewissensfreiheit.
Der frühere Pariser Erzbischof, Bioethiker und Arzt Michel Aupetit twitterte nach der Abstimmung: "Das Gesetz drängt dem Gewissen auf zu töten." Frankreich habe einen Tiefpunkt erreicht. "Es ist ein totalitärer Staat geworden."
Macron hatte Ende Oktober versprochen, ein "Recht auf Abtreibung" in der Verfassung zu verankern. Die jetzige Formulierung einer "garantierten Freiheit zum Abbruch" bewerten Experten als rechtlich schwächer. Umfragen zufolge befürworten 86 Prozent der Franzosen eine völlige Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Abtreibung unter bestimmten Bedingungen ist in Frankreich seit 1975 legal. Seit 2020 sind sie bis zur maximal 14. Woche straffrei gestellt. (KNA)