Standpunkt

Ramadan in der Fastenzeit: Eine Chance für uns alle

Veröffentlicht am 05.03.2024 um 00:01 Uhr – Von Valerie Judith Mitwali – Lesedauer: 

Bonn ‐ Viel wird in der Kirche über die Distanzierung von Rechts gesprochen. Aber wie könnte das in der Praxis aussehen? In der diesjährigen Überschneidung von Fastenzeit und Ramadan sieht Valerie Judith Mitwali eine oft noch ungenutzte Gelegenheit.

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Nächste Woche beginnt der islamische Fastenmonat Ramadan. Zahlreiche Moscheegemeinden und Studierendenverbände werden auch dieses Jahr wieder nicht-muslimische Gäste zum traditionellen Fastenbrechen einladen. Bei der Teilnahme an solchen Veranstaltungen durfte ich stets Abende des Austauschs und der geteilten Freude erleben. Oft aber blieb ein Wermutstropfen: Wo sind die christlichen Institutionen?

Dass sich islamischer Ramadan und christliche Fastenzeit dieses Jahr überschneiden, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn während die Fastenzeit eher minimal changiert, wandert der Ramadan durch das gesamte Jahr. 2024 bleiben uns etwa 20 gemeinsame Tage. Wäre das nicht eine Gelegenheit für katholische Gemeinden, die Zeichen der Zeit zu lesen und entsprechend zu handeln?

Unsere Gegenwart ist zunehmend von Polarisierungen und Rechtsextremismus geprägt. Mittlerweile haben sich die großen Kirchen in Erklärungen deutlich gegen die AfD und ihre Ideologie positioniert. Gut so! Wie schon Joachim Frank in seinem Standpunkt festhielt, kommt es nun auf die Umsetzung in der Praxis an. Gesellschaftspolitische Stellungnahmen veröffentlichen können viele NGOs, aber nur Religionsgemeinschaften können als Glaubende zu Glaubenden sprechen.

Denn jenseits kindischer (und unheiliger) Diskussionen, wer denn jetzt "richtig" fastet, gibt es so viel Gemeinsames zu entdecken. Muslime wie Christen sind in diesen geprägten Zeiten in besonderer Weise zu Gebet und Werken der Nächstenliebe aufgerufen. Wir alle kennen die Sehnsucht, Gott neu nahe zu kommen. Die Versuchung, auf die eigene Selbstdisziplin zu bauen. Die Enttäuschung, den eigenen Vorsätzen nicht zu genügen. Darüber in geschwisterlicher Verbundenheit ins Gespräch zu kommen, nennt der Vatikan "Dialog der religiösen Erfahrung" – die vielleicht intensivste Form des interreligiösen Dialogs.

Wie schön wäre es, Kleingeistigkeiten à la "Aber die haben uns keine Einladung geschickt" hinter uns zu lassen, und stattdessen mutig selbst den ersten Schritt zu tun. Wir leben Tür an Tür – warum nicht einmal anklopfen? Schon Jesus war bekannt dafür, nicht nur zu fasten, sondern anschließend auch beim gemeinsamen Essen über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. Eifern wir ihm nach.

Von Valerie Judith Mitwali

Die Autorin

Valerie Judith Mitwali ist Redaktionsmitarbeiterin bei katholisch.de und promoviert an der Ruhr-Universität Bochum in systematischer Theologie.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.