Standpunkt

Muss dieser Strukturierungswahnsinn in der Kirche wirklich sein?

Veröffentlicht am 07.03.2024 um 00:01 Uhr – Von Julia Martin – Lesedauer: 

Bonn ‐ Es werden immer mehr Gremien, Arbeitsgruppen, Ausschüsse und Foren entwickelt, die sich in kleinteilige Debatten verstricken, beobachtet Julia Martin. Da bleibt es nicht aus, den Überblick zu verlieren. Sie fordert: Wagt den Strukturverlust!

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Bitte können wir diesen Strukturierungswahnsinn auf allen Ebenen stoppen – oder zumindest überdenken. Unter dem vermeintlich guten Willen der Basisdemokratie, des Mitspracherechts und des Hörens werden immer neue Gremien, Arbeitsgruppen, Ausschüsse und Foren entwickelt, die sich in immer kleinteiligere Debatten verstricken. Damit ist nicht einmal das gemeint, was sich in sämtlichen Ausschüssen zur Vorbereitung und Durchführung hinsichtlich des Synodalen Wegs und dessen Beschlüssen aufbaut. Dieser Über-Institutionalisierung fängt schon viel kleiner an.

Am Wochenende erzählte mir ein guter Freund von der kürzlich stattgefundenen Diözesanratsversammlung. Auf meine Frage, wie der sich eigentlich zusammensetze, fielen unter anderem Begriffe wie "Rat im Pastoralen Raum", der sich per Wahl aus dem "gemeinsamen Pfarrgemeinderat" einer Pfarreiengemeinschaft bildet, der wiederum geht per Wahl aus Gemeindeteams hervor. Und dann gibt es ja noch das Dekanatsforum, in das aus den pastoralen Räumen Delegierte entsandt werden. Immer wieder musste ich nachfragen, wer denn nun wo für was zuständig sei, von wo gesandt wurde und wer konkret was beschließen und worüber abstimmen darf. Und wer dann überhaupt im Diözesanrat sei. Ganz ehrlich: Irgendwann konnte ich dem Ganzen nicht mehr folgen. Wollte auch nicht. Ich frage mich in solchen Momenten immer, wie es Menschen gehen muss, die eben nicht qua Job im "inner circle" der Kirche sind.

Die große Frage dabei auch: Wer macht diese Ehrenämter in solchen Gremien überhaupt? Mit x-Sitzungen in unterschiedlichen Arbeitsgruppen ist das vom Zeitmanagement her herausfordernd – besonders für junge Menschen mit Vollzeitjobs, vielleicht auch noch Familie und Kindern. Ganz zu schweigen davon, wie frustrierend langatmige Sitzungen sein können – mit Freude katholisch? Fehlanzeige.

Gerne erinnere ich an den Standpunkt vor genau einer Woche und dem erwähnten Feuer, das man selbst haben muss, um es in anderen zu entfachen. Über-Strukturierung entfacht zwar auch Feuer, aber die führt wohl perspektivisch gesehen eher ins Burn-Out.

Von Julia Martin

Die Autorin

Julia Martin ist Pressesprecherin der Benediktinerabtei Münsterschwarzach.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.