Wo bleibt der Blick aufs Heilige Land beim Katholikentag in Erfurt?
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Die Flugtickets sind gebucht: Katholikentage stehen schon Jahre vorher fest in meinem Terminkalender. Auch dieses Jahr werden mein Prior in Tabgha, unser Freundeskreis und ich als "Dormitio-Abtei Jerusalem" mit einem eigenen Stand auf der Kirchenmeile vertreten sein, und zwar wieder in bewährter Kooperation mit dem "Deutschen Verein vom Heiligen Lande (DVHL)" – und auch unser Theologisches Studienjahr Jerusalem, das ja dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiern kann, wird über den Alumniverein "Forum Studienjahr Jerusalem" Präsenz zeigen. Sehr gerne stehen wir an unseren Ständen Rede und Antwort zur aktuellen Situation im Heiligen Land, dies gerne umso mehr, da in den Diskussionen in Deutschland, auch in kirchlichen Kreisen, die christlichen Stimmen aus Israel und Palästina ziemlich unterrepräsentiert sind.
Der vom ZdK organisierte Katholikentag in Erfurt zementiert diesen Missstand leider in ignoranter Art und Weise. Die gegenwärtige Situation im Nahen Osten, welche die Nachrichtenlage auch in Deutschland seit einem halben Jahr dominiert, ist dem Katholikentag eine einzige (!) Veranstaltung wert, und zwar eine rein politische Podiumsdiskussion, ohne religiöse Vertreter, und ist dann auch noch ganz stark auf die deutsche Perspektive fokussiert.
Warum wagt der Katholikentag keine religiösen und politischen Perspektiven auf das Land, das Juden, Christen, Muslimen, Drusen und Bahai in gleicher Weise heilig ist, und bringt diese miteinander ins Gespräch? Wo sind die selbstkritischen Töne des ZdK zu seiner unterkomplexen Positionierung seit dem 7. Oktober, die ohne jegliche Kommunikationsversuche mit den Glaubensgeschwistern vor Ort erfolgt ist? Warum lädt man nicht den Lateinischen Patriarchen von Jerusalem nach Erfurt ein? Ich bin mir sicher, dass er sofort zugesagt hätte, zumal ich ihm von den bisherigen Katholikentagen immer vorgeschwärmt habe. Warum bietet man der jungen eloquenten lutherischen Pfarrerin Sally Azar kein Forum? In meinen Augen wäre es hilfreich, wenn in Erfurt mit ihr eine Aufarbeitung – gerne auch kontrovers – des diesjährigen Weltgebetstags der Frauen erfolgen würde: Hier gab es eine Nicht-Kommunikation von deutscher Seite, die zu enorm vielen Verletzungen geführt hat. Katholikentage leben doch von Kommunikation!
Der Standpunkt wurde von katholisch.de redaktionell bearbeitet.
Der Autor
Nikodemus Schnabel OSB ist Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem und des Priorats Tabgha am See Gennesaret und Direktor des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft (JIGG).
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.