Kirchenumnutzungen: Auch die Gesellschaft in die Pflicht nehmen
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Überflüssige Kirchen: ein hartes Wort. Aber angesichts der Entwicklungen kommt man um die Diskussion nicht herum. Zurückgehende Gottesdienstbesucherzahlen, eine geringere Kirchenbindung, Austritte und schwindende finanzielle und auch personelle Ressourcen führen dazu, dass Kirchengebäude weniger als früher genutzt werden – und man sie sich auch weniger leisten kann. Das gilt regional unterschiedlich, aber letztlich überall und für beide großen Kirchen gleichermaßen.
Was tun? Liturgische Räume kleiner zu dimensionieren, indem man sie anders gestaltet, ist hier und da eine Antwort. Eine andere Lösung ist, Gemeinderäumlichkeiten in das Kirchenschiff hineinzubauen, um kirchliche Gebäude verkaufen zu können und trotzdem die Kirche zu erhalten. Oder auch Kirchen zu Kolumbarien zu machen. Aber solche Lösungsmodelle werden für die zunehmend mehr "überflüssigen" Kirchen nicht reichen, wie die in diesen Monaten an vielen Orten gezeigte Ausstellung "Kirche Raum Gegenwart" der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst belegt.
Wenn man den Einbau von Wohnungen nicht will, weil damit die Substanz unwiederbringbar beschädigt wird, und man Kommerz in Kirchengebäuden ablehnt oder nur als ultima ratio zulässt, können diese immerhin auch kulturell genutzt werden: beispielsweise für Konzerte und Ausstellungen, als Versammlungsraum oder als Bibliothek.
An dieser Stelle hat der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, im vergangenen Sommer eine stärkere Zusammenarbeit von Kirchen und Kommunen gefordert. Die Kirchen hätten hier als zivilgesellschaftliche Player einiges anzubieten. Tatsächlich hatte vor zwei Jahrzehnten die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" ergeben, dass in vielen Stadtteilen und in vielen Dörfern Kirchen oft die einzigen Orte kultureller Infrastruktur sind. Auf der anderen Seite bedeutet das dann auch, dass die Kirchen mit Blick auf die Finanzierung der Immobilien die Gesellschaft in die Pflicht nehmen kann.
Der Autor
Dr. Stefan Orth ist Chefredakteur der Herder Korrespondenz.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.