Synoden-Kommission legt theologische Kritik von "Fiducia supplicans" vor

Russische Orthodoxie: Segenserklärung "Abkehr von christlicher Moral"

Veröffentlicht am 28.03.2024 um 13:44 Uhr – Lesedauer: 

Moskau ‐ Die Segenserklärung "Fiducia supplicans" sorgt weiter für ökumenische Verstimmungen: Das Moskauer Patriarchat hat nun eine theologische Kritik am Segen für gleichgeschlechtliche Paare vorgelegt – und spart dabei nicht an drastischen Worten zum Papier aus Rom.

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Die russische Orthodoxie sieht in der Segenserklärung "Fiducia supplicans" eine Abkehr vom christlichen Moralideal. Im Dokument des Glaubensdikasteriums würden radikale Neuerungen vertreten, die die göttlich geoffenbarten Normen der christlichen Moral ablehnen, heißt es in einer von der biblisch-theologischen Kommission der Synode des Moskauer Patriarchats erarbeiteten theologische Kritik. "Die Erklärung 'Fiducia supplicans' verkündet zwar formal die Treue zum christlichen Verständnis des Ehesakraments und der Segenspraxis, postuliert aber in Wirklichkeit eine scharfe Abkehr von dieser Treue", so die Erklärung. Schon zuvor hatte sich der Vorsitzende der Kommission, Metropolit Hilarion, ähnlich in den Medien geäußert.

Die bereits am Montag auf der Webseite des Patriarchats veröffentlichte Analyse befasst sich mit dem im Vatikan-Dokument vertretenen Segensbegriff, der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren und den Reaktionen aus der katholischen Welt. Die Synoden-Kommission führt dazu verschiedene kritische Reaktionen aus der katholischen Kirche auf das Segensdokument an, darunter Äußerungen aus Kasachstan sowie von den katholischen Bischofskonferenzen Russlands und Weißrusslands.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht als Sünde benannt

Nach Ansicht der Verfasser werde die Verwerflichkeit irregulärer Beziehungen durch "Fiducia supplicans" nicht deutlich gemacht: "Die Erklärung sagt nichts über den Kampf gegen die Sünde, den Verzicht auf einen sündigen Lebensstil oder die pastorale Hilfe für den Gläubigen bei der Überwindung der Sünde." Der Text der Erklärung sei so abgefasst, dass man daraus schließen könne, dass ein sündiger Lebenswandel kein Hindernis für die Gemeinschaft mit Gott darstellt. Ebenso fehle es an der Aussage, dass vor einer Segnung ein aus Sicht der Kirche legitimer Beziehungsstatus hergestellt werden müsse. "Folglich handelt es sich um die Einführung einer Form der indirekten Legitimierung dessen, was im Grunde genommen illegitim ist", so die Kommission. Eine Segnung, die menschliche Beziehungen heilen solle, könne im Fall gleichgeschlechtlicher Paare nur auf die Beendigung sündiger Beziehungen abzielen.

Die Synoden-Kommission hält sowohl die theologische Grundlegung als auch die praktischen Empfehlungen in "Fiducia supplicans" für zweideutig. Die Beschränkung der Segnung auf außerliturgische Situationen und spontane Anlässe wurde aus ihrer Sicht nicht deshalb festgelegt, um die Gefahr des Eindrucks einer Billigung zu vermeiden, sondern lediglich deshalb, weil ein unnötiger Formalismus vermieden werden soll. 

Erster Schritt zur Anerkennung von queeren Paaren?

Die Synoden-Kommission sieht in "Fiducia supplicans" ein "einseitiges und unvollständiges Verständnis der Liebe Gottes zum Menschen" am Werk, das theologisch gefährlich sei: Das Dokument könne als ein Schritt hin zur vollständigen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen durch die katholische Kirche betrachtet werden.

In den Ostkirchen stieß die vatikanische Segenserklärung aus dem vergangenen Jahr vor allem auf Ablehnung. Anfang März hatte die Synode der koptisch-orthodoxen Kirche beschlossen, aufgrund des Dokuments den theologischen Dialog vorerst auszusetzen und die bisher erreichten Schritte zu überprüfen. Im Januar distanzierte sich der ukrainisch-katholische Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk von dem römischen Papier. Die Erklärung des Glaubensdikasteriums gelte seiner Ansicht nach nur für die lateinische Kirche und betreffe nicht die katholischen Ostkirchen. Papst Franziskus sieht nach eigener Aussage aber nicht die Gefahr neuer Kirchenspaltungen durch das Dokument. (fxn)