Standpunkt

RTL-Passion – Der Handreichung hätten mehr Fakten gutgetan

Veröffentlicht am 02.04.2024 um 00:01 Uhr – Von Regina Nagel – Lesedauer: 

Bonn ‐ "Die Passion" bei RTL brachte die Geschehnisse der Kar- und Ostertage in eine breite Öffentlichkeit. Das ist gut, kommentiert Regina Nagel. Die dazu veröffentlichte Handreichung hätte sie sich jedoch in mehrfacher Hinsicht differenzierter gewünscht.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

2,23 Millionen Menschen haben "Die Passion" gesehen. Das lässt hoffen, dass noch erfreulich viele im RTL-Einzugsgebiet wissen beziehungsweise wahrnehmen konnten, woran die Kar- und Ostertage erinnern. Positiv ist auch, dass das Event zur Diskussion anregt. Das Spektrum der Kommentare reicht von "beeindruckend und berührend" bis "absurd". Evangelikale "Zeugnisse" von Kreuztragenden gaben allerdings Anlass zu Fragen wie: "Ist die RTL-Redaktion pfingstlerisch unterwandert, gab es Beratung und wer hat solche Szenen ausgewählt?"

Begleitend einbezogen war neben anderen christlichen Gruppierungen das Bonifatiuswerk, welches eine bereits für 2022 herausgegebene Handreichung aktualisiert zur Verfügung gestellt hat. Interessant und ansprechend sind darin die vielfältig einsetzbaren liturgischen Bausteine, Impulse und Anregungen für die pastorale Praxis. Schade ist, dass die Rubrik "Hintergrund" nur wenig bietet für die, die nicht nur an Glaubensverkündigung, sondern an historischen Fakten interessiert sind. Wenn bei den Kurzvorstellungen der Akteure Jesus als Christus vorgestellt wird, der "für die Sünden der Menschen stirbt", dann ist das keine Information zur Person des Jesus von Nazareth an sich, sondern eine kontrovers diskutierte theologische Sichtweise.

Heikel ist die zu allgemeine Formulierung, Kajaphas gäbe als "Sprecher der Juden den Juden den Rat, Jesus umbringen zu lassen". Die Chance, einige der 40 Seiten für differenzierte Beiträge zu historischen Hintergründen und theologischen Ansätzen zu nutzen, wurde verpasst und damit die Gelegenheit, christliche Erinnerungskultur an sich, wie auch spirituelle Selbstbestimmung Getaufter im Hinblick auf Annahme oder Ablehnung theologischer Deutungen zu stärken.

Anspruchsvoller als der RTL-Event und sehenswert ist die ZDF-Dokumentation "INRI – Warum musste Jesus sterben?" Vielleicht entdeckt sie der eine oder die andere in der Mediathek.

Von Regina Nagel

Die Autorin

Regina Nagel ist Vorsitzende des Gemeindereferent*innen-Bundesverbands und verantwortliche Redakteurin der Verbandszeitschrift "das magazin". Sie ist Mitherausgeberin eines Buchs zu spirituellem Missbrauch an Frauen in der katholischen Kirche (Selbstverlust und Gottentfremdung, Patmos 2023).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.