Wer meine, es besser als die Ukrainer zu wissen, falle als Friedensstifter aus

Elsner: Gerechter Friede nicht ohne Selbstbestimmungsrecht der Ukraine

Veröffentlicht am 02.04.2024 um 14:51 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Die Ostkirchenexpertin Regina Elsner warnt davor, christliche Friedensethik mit Unterwerfung zu verwechseln. Wer wirklich Frieden stiften will, müsse die Realitäten anerkennen – das bedeute, Russlands Verantwortung für den Angriffskrieg zu benennen.

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Kirchen können in der Frage nach einem gerechten Frieden in der Ukraine nach Ansicht der Ostkirchenexpertin Regina Elsner nur dann hilfreich sein, wenn sie Realität anerkennen. In einem am Dienstag auf der Webseite des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) veröffentlichten Diskussionsbeitrag betont die Münsteraner Professorin für Ostkirchenkunde und Ökumenik, dass es keinen Weg zum gerechten Frieden am Selbstbestimmungsrecht der Ukraine vorbei geben könne. Es sei wichtig, dass sich christliche Kirchen für den Frieden einsetzen und der Kriegslogik entziehen. "Es ist jedoch genauso wichtig und im Kontext christlicher Friedensethik fast banal, dass Frieden nicht Unterwerfung meint und Gewaltlosigkeit eine Gewissensentscheidung der Betroffenen ist", so Elsner weiter.

Die Realitäten des Krieges rechtfertigten keine Äquidistanz: "Die Verantwortung für den Beginn dieses Krieges vor zehn Jahren – mit der Besetzung und Annexion der Krim – liegt ebenso wie für sein Ende allein bei Russland." Daher müsse sich auch jedes Drängen auf Verhandlungen an Russland richten. Außerdem müsse man die gezielte Propaganda und Instrumentalisierung Russlands voraussehen und jede öffentliche Äußerung vorher darauf prüfen, wem sie nutze und wem sie schade. "Kirchliches Handeln für den gerechten Frieden heißt schließlich: den Betroffenen zuhören und sie ins Recht setzen", so Elsner weiter. "Wer meint, besser als die Ukraine zu wissen, welcher Frieden gut für sie ist, fällt als Friedensstifter aus."

Papst Franziskus hatte Anfang März erneut auf einen Verhandlungsfrieden gedrängt. In einem Interview des italienischsprachigen Schweizer Rundfunks RSI sagte der Papst: "Ich glaube, derjenige ist stärker, der die Lage erkennt, der ans Volk denkt und den Mut zur weißen Flagge hat, zum Verhandeln." Die vorab veröffentlichte Passage stieß in der Ukraine und international auf große Kritik. Gegenüber katholisch.de sagte der Apostolische Exarch der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine, Bischof Bohdan Dzyurakh, dass viele seiner Landsleute sich durch die Aussage verletzt fühlten: "Es scheint, als ob der Heilige Vater uns nicht versteht, und es ist schmerzhaft und bedauernswert, wenn solche Gefühle oder ein solcher Verdacht entstehen." Lob erhielt der Papst aus Russland. Über den Online-Dienst X gratulierte die russische Botschaft beim Heiligen Stuhl Franziskus anlässlich seines elfjährigen Amtsjubiläums und würdigte ihn als "wahren und aufrichtigen Verfechter von Humanismus, Frieden und traditionellen Werten". Franziskus sei "einer der wenigen politischen Führer mit einer wirklich strategischen Sichtweise auf globale Probleme". (fxn)