Neue Regeln für sachgrundlose und Kettenbefristungen

Starke Verbesserung für befristet Beschäftigte im kirchlichen Dienst

Veröffentlicht am 03.04.2024 um 12:39 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Seit Jahren ringen Dienstgeber und Dienstnehmer um die Regelung von befristeten Arbeitsverträgen in der Kirche. Nun hat der Vermittlungsausschuss entschieden: Für alle kirchlichen Mitarbeiter in Deutschland gelten künftig einheitliche Regeln.

  • Teilen:

Kirchliche Bedienstete sind künftig besser vor willkürlichen Befristungen ihres Arbeitsverhältnisses geschützt. Der Vermittlungsausschuss der Zentralen Arbeitsrechtlichen Kommission (ZAK) hat sich im Januar auf einen nun veröffentlichten Beschluss geeinigt, der sachgrundlose Befristungen und Kettenbefristungen einheitlich für alle Beschäftigte in katholischen Einrichtungen regelt. Die neuen Regeln sollen zum 1. Juni in Kraft treten und müssen noch von den zuständigen Gremien in die Arbeits- und Vergütungsordnungen aufgenommen und von den Bischöfen in Kraft gesetzt werden. Ziel des Vermittlungsausschusses war es, willkürliche Befristungen auszuschließen und zugleich Arbeitgebern einen Spielraum für Befristungen zu geben, sofern sie sinnvoll und notwendig sind, um das Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen überhaupt zu ermöglichen.

Der Vermittlungsausschuss wurde von den Mitarbeitervertretern in der ZAK angerufen. "Das Ergebnis der Vermittlung kann sich sehen lassen. Auch ohne Streikrecht, das im sogenannten Dritten Weg der Kirchen nicht vorgesehen ist, können sehr gute Ergebnisse erzielt werden", teilten die Mitarbeitervertreter am Dienstag mit. Befristete Arbeitsverträge gingen im Regelfall zu Lasten der Beschäftigten. Mit der weitgehenden Abschaffung erhielten künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche mehr Sicherheit. Die Gewerkschaft ver.di habe entsprechende Regelungen bisher nicht durchsetzen können. "Hier wünschen wir den Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst der Kommunen, der Länder und des Bundes und darüber hinaus auch in der Privatwirtschaft rasch ähnlich gelagerte Regelungen", so die Mitarbeitervertreter weiter.

Sachgrundlose und Kettenbefristungen eingeschränkt

Sachgrundlose Befristungen sind dem Beschluss zufolge grundsätzlich unzulässig und nur in nachweisbar erforderlichen Ausnahmefällen möglich. Erlaubt ist eine sachgrundlose Befristung für die erstmalige Erprobung bei einem Arbeitgeber, also einer Neuanstellung für die Dauer von 12 Monaten. In zwei Fällen ist eine Befristung auf bis zu 21 Monate zulässig: Wenn eine Einrichtung eine neue Aufgabe übernimmt, deren dauerhafte Fortführung noch ungewiss ist, sowie bei einer Drittmittelfinanzierung von Stellen, wenn die dauerhafte Finanzierung bei der Einstellung noch unsicher ist. In diesen Fällen kann mit Beteiligung der zuständigen Mitarbeitervertretung die Höchstdauer auf 24 Monate ausgeweitet werden.

Kettenbefristungen, also mehrere aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge, werden beschränkt. Insgesamt dürfen Beschäftigte nur sechs Jahre lang und höchstens zwölfmal befristet beschäftigt werden. Dabei werden auch frühere Befristungszeiträume berücksichtigt. Von den neuen Regeln nicht erfasst sind Arbeitsverhältnisse, bei denen Befristungen durch eigenes Recht geregelt ist, also beispielsweise in der Wissenschaft oder für Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung. Befristet Beschäftigte sind künftig bei der Einstellung auf unbefristete Stellen bevorzugt zu behandeln. Diese Regelung galt bereits in einzelnen kirchlichen Arbeitsvertragsordnungen und wird nun auf alle kirchliche Beschäftigte ausgedehnt. Missachten Dienstgeber die neuen Vorgaben, gelten die betroffenen Beschäftigten als unbefristet beschäftigt.

Jahrelanges Ringen um Befristungen

Seit Jahren verhandeln Dienstnehmer- und Dienstgeberseite über Befristungen. Das Ziel der Dienstnehmerseite ist die generelle Abschaffung von sachgrundlosen Befristungen. 2022 trat nach jahrelangen Verhandlungen und einem Rechtsstreit eine erste bundesweit geltende Beschränkung der Befristungsmöglichkeiten in Kraft. Demnach ist die sachgrundlose Befristung bislang generell auf 14 Monate beschränkt. Mit der neuen Regelung wird damit die mögliche Befristung zur Erprobung bei Erstanstellung um zwei auf zwölf Monate verkürzt, die zulässige Befristung bei neu übernommenen Arbeitsbereichen einer Einrichtung und bei unsicherer Drittmittelfinanzierung um sieben auf 21 Monate verlängert.

Im kirchlichen Arbeitsrechts gestalten paritätisch aus Dienstnehmer- und Dienstgeberseite zusammengesetzte "Kommissionen zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts" (KODA) die Arbeitsvertragsbedingungen, die für kirchliche Mitarbeiter gelten. Auf Bundesebene ist die Zentrale Arbeitsrechtliche Kommission (früher Zentral-KODA) dafür zuständig, durch ihre Beschlüsse an der "Einheit und Glaubwürdigkeit des kirchlichen Dienstes in allen (Erz-)Diözesen und für alle der Kirche zugeordneten Einrichtungen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" mitzuwirken. Können sich Dienstgeber- und Dienstnehmerseite in den Kommissionen nicht mit der notwendigen Mehrheit einigen, kann wie im Fall der Befristungen ein Vermittlungsausschuss angerufen werden. Die jeweiligen Diözesanbischöfe als Gesetzgeber setzen die Beschlüsse der KODAen in geltendes Kirchenrecht um, sofern sie nicht offensichtlich kirchlichen Normen oder Vorgaben der katholischen Glaubens- und Sittenlehre widersprechen. (fxn)

Erläuterungen zum Beschluss der Vermittler

Die Mitarbeiterseite der ZAK hat zu den Neuregelungen für befristete Arbeitsverhältnisse eine Erläuterung als Arbeitshilfe insbesondere für kirchliche Mitarbeitervertreter veröffentlicht.