"Mangelnder Aufklärungswille"?

Missbrauchsbeauftragte hören auf – Bistum Augsburg weist Kritik zurück

Veröffentlicht am 24.04.2024 um 09:11 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg ‐ Drei unabhängige Fachleute sind Ansprechpartner für sexuellen Missbrauch im Bistum Augsburg. Doch zwei von ihnen hören auf und kritisieren "mangelnden Aufklärungswillen". Das Bistum widerspricht.

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Zwei der drei unabhängigen Ansprechpartner für sexuellen Missbrauch im Bistum Augsburg geben ihr Amt auf. Im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch) erklärten Angelika Hauser und Rupert Membarth, sie vermissten echten und konsequenten Aufklärungswillen bei den Verantwortlichen. Das Bistum bedauerte den Schritt und wies die Kritik zurück – gegenüber der Zeitung und in einer weiteren Stellungnahme am Dienstagabend.

"Leider musste ich erleben, wie kirchliche Strukturen die Missbrauchsaufarbeitung erschweren", erklärte Membarth: "Und noch immer wird versucht, Dinge auszusitzen. Auf der anderen Seite stehen Betroffene und ihr langes Leid." Hauser fügte hinzu, sie wolle sich "nicht einspannen lassen für Entscheidungen, in die ich nicht einbezogen wurde und hinter denen ich nicht stehen kann". Unter anderem werfen beide dem Bistum vor, ihnen seien der Einblick in Personalakten beschuldigter Kirchenleute verwehrt und weitere wichtige Informationen vorenthalten worden.

Das Bistum erklärte, man bedauere den "überraschenden Schritt" der Beauftragten und danke ihnen "für die bisher geleistete, außerordentlich anspruchsvolle Arbeit". Schade sei, dass "keine vorherigen klärenden Gespräche geführt werden konnten". Diese wären wichtig gewesen für die "konstruktive Fortsetzung der Aufklärung und Aufarbeitung".

"Leider vergebens Gesprächsangebote unterbreitet"

Weiter hieß es, einige der angesprochenen Probleme – etwa in Sachen Akteneinsicht – hätten mit bundesweiten Datenschutzregelungen zu tun, auf die das Bistum keinen Einfluss habe. Dabei gehe es auch um die wichtige Frage des Opferschutzes. Hauser und Membarth habe man dazu "leider vergebens Gesprächsangebote unterbreitet".

Den Vorwurf, es würde an echtem proaktiven Aufklärungswillen mangeln, "weist das Bistum allerdings entschieden zurück", hieß es weiter. Jeder Einzelfall werde "sehr ernst genommen und akribisch bearbeitet". Das zeige nicht zuletzt das aktuelle unabhängige Aufklärungsprojekt – die Missbrauchsstudie für das Bistum Augsburg mit einem konkreten "Zuschnitt auf die Opfer anstelle der Täter".

Der dritte Missbrauchsbeauftragte, der Jurist Andreas Hatzung, sagte der Zeitung: "Ich bedauere die Rücktritte von Angelika Hauser und Rupert Membarth, kann ihre Kritik im Wesentlichen aber nachvollziehen. Ich sehe mich dennoch weiter in der Lage, meine Aufgabe als unabhängige Ansprechperson auszuüben." Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur sagte er, beide hätten sich äußerst engagiert für die Betroffenen eingesetzt. Er habe mit ihnen sehr gut zusammengearbeitet. Hatzung hat das Amt im Oktober 2020 übernommen. Er sehe es als seine Aufgabe an, mit Betroffenen zu sprechen und ihnen beim Beantragen von Anerkennungsleistungen zu helfen. Dies wolle er auch weiter tun. Aufgrund seiner Profession als Jurist gehe er die Sache vielleicht eher nüchtern an als wenn er Psychologe wäre, gab er zu bedenken. Als ehemaliger Richter wisse er, dass man manche Dinge nicht beeinflussen könne. (KNA)

Update 24.04., 19 Uhr: Ergänzt um Angaben im letzten Absatz.