Aachener Bischof würdigt Karlspreisträger Pinchas Goldschmidt

Bischof Dieser: "Antisemitismus niemals unwidersprochen lassen"

Veröffentlicht am 09.05.2024 um 11:05 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Der Judenhass in Deutschland nimmt wieder erschreckende Ausmaße an. Im Gottesdienst zur diesjährigen Karlspreisverleihung ruft Bischof Helmut Dieser zum Widerstand gegen diese Entwicklung auf – auch an der Wahlurne.

  • Teilen:

Der Aachener Bischof Helmut Dieser ruft dazu auf, allen Formen von Judenhass entschieden entgegenzutreten. "Als Angehöriger des Volkes, das für die Schoah, den systematischen Massenmord an sechs Millionen jüdischen Menschen in Europa, verantwortlich ist, empöre ich mich zutiefst darüber und rufe alle Landsleute auf, niemals mehr Antisemitismus unwidersprochen zu lassen oder gar die zu wählen, die sich nicht überzeugend davon distanzieren", sagte er am Donnerstag in seiner Predigt im Aachener Dom vor der diesjährigen Karlspreisverleihung. Der Gottesdienst findet traditionell vor der Preisverleihung statt.

Umso mehr freue er sich, "dass der Internationale Karlspreis 2024 an Pinchas Goldschmidt und die jüdischen Gemeinschaften in Europa dagegen ein unübersehbares Zeichen setzt", fügte der Bischof hinzu. Goldschmidt war viele Jahre Oberrabbiner in Moskau und ist Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER). Weil er den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine immer wieder verurteilte, verließ er 2022 die russische Hauptstadt. Mit ihm zusammen werden alle jüdischen Gemeinschaften in Europa ausgezeichnet. Mit der Auszeichnung werde hervorgehoben, dass Europa rechtsstaatlich sei und Raum für religiöse wie kulturelle Freiheit biete, so Dieser im Gottesdienst. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an das ukrainische Volk und seinen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi, 2022 an die belarussischen Bürgerrechtlerinnen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo.

Bischof Dieser ergänzte in seiner Predigt: "Jesus von Nazareth, zu dem wir Christen uns bekennen, war Jude, seine ersten Anhänger, die seinen Namen weit über Israel hinaustrugen, ebenfalls." Als Christ glaube er, dass Gott in dem Juden Jesus und seinem Lebenswerk und im Wirken seines Heiligen Geistes diese universale Berufung Israels geschichtlich unwiderruflich wahrmache. "Ich bin überzeugt: Darin liegen die Grundlagen der tiefsten und weitreichendsten menschlichen Hoffnung", unterstrich der Bischof: "Alles, was uns als Einzelne bedroht, alles, was unser Zusammenleben vergiftet und was zu religiösem oder politischem Extremismus führt, kann dadurch identifiziert und überwunden werden." (cbr/KNA)