Das Ergebnis der Priesterstudie ist mehr als bedenklich
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Priester – die wenigen, die es in Deutschland noch gibt – finden Glauben und Beten hilfreich für ihre Berufung und ihr Amt. Schlimm, wenn es anders wäre! Trotzdem ist das Ergebnis der von den deutschen Bischöfen in Auftrag gegebenen empirischen Studie "Wer wird Priester?" mehr als bedenklich.
Zunächst einmal hat überhaupt nur knapp ein Fünftel der 850 Kleriker, die zwischen 2010 und 2021 geweiht wurden, die ihnen gestellten Fragen beantwortet. Unter den fast 1.700 Kandidaten, die vor der Weihe die Priesterseminare verlassen haben, lag die Rücklaufquote bei 1,2 Prozent – weit unterhalb des Verwertbaren. In der mindestens so wichtigen Frage "Wer wird nicht Priester?" bedeutet das für die Verantwortlichen: Manövrieren im Blindflug.
Von den gut 150 Studienteilnehmern wären viele am liebsten kleine Mönche, Eremiten gar: Geprägt durch Liturgie und persönliche spirituelle Praxis, siedeln sie auch ihre Berufung in diesem Feld an und erleben dort die für sie entscheidende Bestärkung. Folgerichtig wünschen sie sich "mehr Angebote mit spirituellem Tiefgang" und die Konzentration auf Glaubensinhalte. Für diese (Gottes-)Männer sind Beziehungen zu den Menschen nach eigener Aussage keine zentrale Ressource.
Die Studie gibt den Blick frei auf Kleriker, die sich selbst genug sind. Das individualistische Ideal trifft auf entgegensetzte Bedürfnisse in den Gemeinden. Diese Generation Priester, sagt Studienleiter Matthias Sellmann, laufe ins "offene Messer". Spirituelles Harakiri ist aber gewiss kein geistlicher Aufbruch. Vielmehr ist es der Anfang vom Ende einer Priesterschaft, mit dem die Kirche Zukunft hat.
Klerikales Monadentum wird durch die Situation des Mangels begünstigt. Je kleiner die Zahl der Priester, desto wertvoller der Einzelne – samt steiler Karrierechancen im bestehenden Betrieb. Die schiere Statistik stärkt somit ein Elite-Bewusstsein, ohne dass sich damit noch ein Qualitätsanspruch verbinden könnte.
Die Studie zeigt, wie wichtig es wäre, die Frage des Synodalen Wegs nach dem Sinn des Weihepriestertums nicht als Angriff auf das geistliche Amt zu skandalisieren, sondern als Ausdruck der Sorge um die Amtsträger zu begreifen.
Es springt jedenfalls zu kurz, wenn man der Studie die Empfehlung entnimmt, "Orte des stillen Gebets" zu schaffen – also die Wohlfühlzone zu erweitern, statt innovative Räume der Gestaltung von Wirklichkeit zu erschließen. Dort, mitten unter den Menschen, entscheidet sich nicht nur, wer Priester wird, sondern auch, wozu es sie braucht.
Der Autor
Joachim Frank ist "DuMont"-Chefkorrespondent und Mitglied der Chefredaktion des "Kölner Stadt-Anzeiger". Außerdem ist er Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP).
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.