Marienerscheinungs-Prüfer: "Wir wollen Maria der Mafia entreißen"
Der Chef der vatikanischen Beobachtungsstelle für Marienerscheinungen sieht seine Aufgabe darin, Maria der Mafia zu entreißen. In einem Interview mit der spanischen katholischen Zeitung "Vida Nueva" sagte der Präsident der Päpstlichen Marianischen Akademie, der Franziskaner Stefano Cecchin, dass er seine Aufgabe darin sieht, gegen Verwirrung und Spaltung durch missbräuchliche Behauptungen über Maria vorzugehen. Bei der Mafia sehe man, wie sie unter Verweis auf Maria und angebliche Marienerscheinungen die Kirche angreifen würde. "Hier müssen wir sehr aufmerksam sein, ob es die Muttergottes ist, die spricht, oder ob wir von anderen getäuscht werden", so Cecchin. Der 2016 verstorbene römische Diözesanexorzist Gabriele Amorth habe gewarnt, dass der Teufel gerne die Person Marias benutze, um die Kirche anzugreifen.
Der Franziskaner kritisierte, dass es Menschen gebe, die zwar alles wüssten, was Maria in Međugorje gesagt haben soll, aber das Evangelium nicht kennen: "Wir sehen, dass in diesem letzten Jahrhundert der Glaube nicht besser geworden ist, sondern sich verschlechtert hat." Viele angebliche Marienerscheinungen stünden im Gegensatz zur Kirche und griffen sie an: "Sie stiften Verwirrung, spalten und wenden die Menschen gegen die Autoritäten, den Papst und die Bischöfe. Wenn der Papst der Antichrist ist, hat Jesus uns dann belogen?"
Endzeitprophezeiungen sind problematisch
Besonders Endzeitprophezeiungen sind dem Präsidenten der Marianischen Akademie ein Dorn im Auge. Diese gebe es seit Jahrhunderten: "Wir dürfen uns nicht lächerlich machen. Wie lange sagen die Zeugen Jehovas schon, dass das Ende der Welt bevorsteht?" Die Aufgabe der 2023 eingerichteten Beobachtungsstelle sei es, Bischöfe bei der Bewertung von angeblichen Erscheinungen zu beraten. Oft hätten sie Schwierigkeiten, fachlich geeignete Untersuchungskommissionen zusammenzustellen. Oftmals komme es zu Verwirrung, wenn Bischöfe sich nicht einig seien.
2023 hat der Vatikan die an der Päpstlichen Marianischen Akademie angesiedelte "Beobachtungsstelle für Erscheinungen und Mystische Phänomene in Zusammenhang mit der Gestalt der Jungfrau Maria" eingerichtet, um mögliche Erscheinungen der Gottesmutter zu analysieren und interpretieren. Die katholische Kirche hält Marienerscheinungen prinzipiell für möglich, unterzieht entsprechende Vorkommnisse jedoch einer strengen Prüfung, die Jahrzehnte dauern kann. In Deutschland gibt es etliche Marienwallfahrtsorte, aber bislang keinen kirchlich anerkannten Erscheinungsort wie etwa Lourdes in Frankreich oder Fatima in Portugal.
In der vergangenen Woche stellte das Glaubensdikasterium neue Richtlinien für die Bewertung von angeblich übernatürlichen Phänomenen vor. Künftig werde die Kirche keine Erscheinungen mehr als echte übernatürliche Ereignisse bewerten. Stattdessen wurden mehreren Kategorien festgelegt, die den Umgang mit dem Phänomen regeln und darauf abzielen, geistlichen oder sexuellen Missbrauch oder Geldmacherei mit angeblichen Wundern zu verhindern. (fxn)