Er könne AfD-Funktionäre in kirchlichen Gremien nicht akzeptieren

Kardinal Marx: Verzicht auf christliche Traditionen fördert Radikale

Veröffentlicht am 29.05.2024 um 10:49 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Im Kindergarten aus Rücksicht auf Nichtchristen kein Nikolausfest feiern? Münchens Kardinal Reinhard Marx zufolge dient das nicht der Integration. Zudem wendet er sich gegen die AfD und eine Reform beim Thema Abtreibung.

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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx kritisiert beim Thema Integration den Umgang mit eigenen Traditionen. "Als Gesellschaft mit einem christlichen Wurzelfundament stehen wir vor einer Integrationsherausforderung. Das haben wir alle unterschätzt", sagte Marx der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch). "Dass man zum Beispiel im Kindergarten auf Sankt Martin oder Nikolaus verzichtet, weil das christlich ist. Das ist Futter für die Radikalen." Der Erzbischof von München und Freising ergänzte: "Man kann doch auch sagen, das gehört zu unserer Tradition, dieses verkrampfte Weglassen ist keine Integration."

Marx mahnte: "Man muss zum Eigenen stehen und kann dann neugierig sein auf das Neue, man kann doch beides feiern: Nikolaus und Zuckerfest. Die Kirchen müssten hier auch vorangehen bei den Begegnungen. Aber leider ist der interreligiöse Dialog nach dem Anschlag der Hamas sehr schwierig geworden."

Gegen AfD-Funktionäre in kirchlichen Gremien

Ferner sprach sich der Kardinal gegen AfD-Funktionäre in kirchlichen Gremien aus. "Ich kann nicht akzeptieren, dass ein Funktionär der AfD Mitglied eines Gremiums ist." Mit ideologisch verbohrten Funktionären mache Dialog keinen Sinn. "Wer das eigene Volk für höherwertig hält, verlässt die gemeinsame Diskussionsgrundlage. Aber die Frage ist: Wie erreichen wir die Menschen, die aus unterschiedlichen Motiven die AfD wählen? Ich kann nicht sagen, jeder von ihnen sei für uns ein 'Outlaw'."

Der Erzbischof ergänzte, er habe die Sorge, dass sich manche Demokraten aus Furcht vor Angriffen zurückzögen und der Einsatz für die Demokratie leide. Doch beispielsweise von engagierten Kommunalpolitikern und -politikerinnen lebe die Demokratie. "Mehr Wertschätzung für Politiker und Politikerinnen wäre ein Mittel, um die Radikalisierung zu reduzieren."

Zudem warnte Marx vor einer Aufkündigung des Abtreibungsparagrafen 218 im Strafgesetzbuch. Der Erzbischof: "Wer auch immer das Thema Lebensschutz jetzt anpackt, dem muss man sagen: Wir leben in einer offenen Gesellschaft und wir müssen Kompromisse schließen. Beim Lebensschutz haben wir ihn gesetzlich – schwer genug – gefunden. Ich kann der Politik nur raten: Rührt diesen Kompromiss nicht an." Er versuche, das Recht der Frau und das Lebensrecht des Kindes im Blick zu halten. "Wer das jetzt aufkündigen will, stärkt die Radikalen und schafft ein Kulturkampf-Thema." (tmg/KNA)