Feuer unterm Kessel: Katholischer Reformdialog "notwendiger denn je"
Transformationsprozesse sind in fast jedem Unternehmen ein mühsames Unterfangen. Die katholische Kirche ist da keine Ausnahme, zumal als global agierender Weltkonzern. Eine gewisse Notwendigkeit zur Modernisierung wird durchaus in vielen Teilen gesehen, etwa in Fragen von Macht und Hierarchie, Geschlechtergerechtigkeit und Sexualität. Doch bei der konkreten Umsetzung beginnt der Stress. Der schon seit einigen Jahren laufende Reformdialog Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland war und ist dafür ein Lehrstück.
Am Freitag und Samstag findet er nun in Mainz seine Fortsetzung: mit der zweiten Sitzung des Synodalen Ausschuss. Dieses gemischte Gremium aus Laien und Bischöfen soll den weiteren Weg für mögliche kirchliche Reformen im Rahmen eines Synodalen Rats vorbereiten, unter anderem hin zu mehr Mitbestimmung und Gleichberechtigung. Nominell gehören dem Ausschuss 74 Mitglieder an: die 27 Ortsbischöfe, 27 Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und weitere 20 von der Vollversammlung des Synodalen Wegs gewählte Mitglieder.
Verabschiedung der Satzung gestaltete sich als erste Herausforderung
In Mainz startet der Ausschuss nun mit einer von beiden Trägern – der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) – abgesegneten Satzung. Auf diese hatte sich der Synodale Ausschuss bei seiner ersten Sitzung im November in Essen verständigt. Die Verabschiedung durch die Träger gestaltete sich als erste Herausforderung: Während die ZdK-Vollversammlung dem Papier bereits im November zustimmte, brauchten die Bischöfe zwei Anläufe und eine Rom-Reise, bis sie die Satzung im April verabschiedeten.
Ursprünglich hatte die Annahme durch die Bischöfe schon auf deren Frühjahrsvollversammlung im Februar erfolgen sollen. Aufgrund eines neuerlichen Briefs aus dem Vatikan, der das Projekt kritisch sieht, wurde der Punkt von der Tagesordnung genommen. Bei einem Treffen von deutschen Bischöfen und hochrangigen Vatikanvertretern im März konnte jedoch ein vorzeitiges Aus für den Ausschuss verhindert werden.
Dem Vernehmen nach soll Ende des Monats eine weitere Dialogrunde in Rom stattfinden. Das könnte ein mögliches Muster für die Zukunft werden: Erst beraten die deutschen Katholiken, dann reist eine Delegation der Bischofskonferenz nach Rom und erläutert das Beschlossene – und kommt im Idealfall damit durch.
Grundlegende Vorbehalte einiger Bischöfe bleiben indes bestehen. Die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) teilten mit, dass sie auch weiterhin nicht am Synodalen Ausschuss teilnehmen wollen. In einer gemeinsamen Erklärung verwiesen sie auf die mehrfache Kritik aus dem Vatikan, der Zweifel hat, ob ein Synodaler Rat mit dem Kirchenrecht vereinbar ist und der Lehre von der Kirche als einer Hierarchie, in der die Bischöfe und der Papst die letzte Verantwortung haben.
Das Thema Macht ist nicht nur eines der heißen Themen des Reformdialogs. Das zeigte sich bei der jüngsten ZdK-Vollversammlung unmittelbar vor dem Katholikentag in Erfurt. Dort warfen die Laienvertreter in einer emotionalen Debatte den Bischöfen vor, das Vertrauensverhältnis für eine konstruktive Zusammenarbeit empfindlich gestört zu haben. Anlass war eine Personalie: Die Bischöfe hatten im April der einzigen Kandidatin für das Amt der geistlichen Begleiterin der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) ohne Angabe von Gründen die notwendige Zustimmung verweigert.
„Es gibt offene Fragen und der Synodale Ausschuss ist genau der Ort dafür. Das Ganze zeigt doch: Der Synodale Ausschuss ist notwendiger denn je.“
Das Katholikenkomitee bezeichnete dies als verstörend und intransparent. In einem mit großer Mehrheit angenommenen Beschluss fordert die Vollversammlung von den Bischöfen, noch vor der Sitzung des Synodalen Aussschusses Klarheit zu schaffen, wie sie die Verbindlichkeit von Beschlüssen des Synodalen Wegs in ihren Bistümern umsetzen und wie sie die Ernsthaftigkeit zukünftiger Beratungen sicherstellen wollen. Auch sollen sie erklären, wie sie mit Einwänden und Bedenken aus dem Vatikan umgehen wollen.
Koch: Es gibt offene Fragen und der Ausschuss ist genau der Ort dafür
Ferner spricht sich das ZdK dafür aus, die aktuelle Situation zu Beginn der Sitzung des Synodalen Ausschusses in einer Aussprache zu diskutieren. Man behalte sich vor, "im Licht der Antworten der Bischöfe und der anschließenden Beratungen im Synodalen Ausschuss über die weitere Zusammenarbeit zu beschließen", endet der Beschluss.
Berlins Erzbischof Heiner Koch, geistlicher Assistent des ZdK, versuchte die Wogen zu glätten und beteuerte, dass die klare Mehrheit der Bischöfe für den Synodalen Ausschuss sei. Er nehme die Anfragen sehr ernst und werde sie mit seinen Mitbrüdern besprechen: "Es gibt offene Fragen und der Synodale Ausschuss ist genau der Ort dafür. Das Ganze zeigt doch: Der Synodale Ausschuss ist notwendiger denn je. Ich bitte Sie, an der Zusammenarbeit festzuhalten." Zu Beginn der zweiten Sitzung in Mainz ist also Feuer unterm Kessel. Zugleich ist auch spürbar, dass die Spitzen von ZdK und Bischofskonferenz um einen Fortgang bemüht sind. Mit einem Aus der Zusammenarbeit wäre wohl keinem geholfen.