Enfant terrible aus Afrika
1969 wurde Milingo als 39-Jähriger von Papst Paul VI. (1963-1978) zum Erzbischof von Lusaka (Sambia) ernannt. Damals griffen in vielen afrikanischen Ländern erstmals schwarze Politiker nach der Macht; einheimische Priester erhielten den Bischofsstab. Schon bald wurde Milingo ein religiöser Führer, an dem sich Geister schieden.
Charismatisch und den Menschen zugewandt feierte er "Heilungsgottesdienste". Darin mischte er charismatische Elemente - mit Heilungen durch Handauflegung - und traditionelle afrikanische Riten. Manchen Bischöfen ging diese Art der Inkulturation zu weit; sie beschwerten sich in Rom - zumal viele Gläubige aus anderen Bistümern zu Milingo pilgerten, um von ihm geheilt zu werden.
Exorzismen und Geistheilungen als Tagesgeschäft
1983 legte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) dem dynamischen Afrikaner mit dem gewinnenden Lachen den Rücktritt von der Bistumsleitung nahe und bot ihm - in bewährter römischer Manier - das auskömmliche Amt eines "Delegaten" im Vatikan an. Er versetzte ihn in den Päpstlichen Rat für die Migranten. Aber auch dort ging Milingo unverdrossen seiner Tätigkeit als Heiler und als Exorzist nach. Kranke und solche, die sich von bösen Geistern besessen glaubten, pilgerten zu ihm. In einem Büro des Migrantenrates im römischen Stadtteil Trastevere gehörten nun Exorzismen und Geistheilungen zum Tagesgeschäft.
Milingo hatte als junger Priester im Erzbistum Lusaka die Medienarbeit geleitet und war ein Naturtalent im Umgang mit Journalisten. Er gab Interviews, veröffentlichte Musik-CDs und Bücher und trat sogar beim nationalen Musikwettbewerb von San Remo im italienischen Fernsehen auf. Auch deshalb tat sich der Vatikan schwer mit einer Disziplinierung des charismatischen Wunderheilers.
Im Sommer 2001 kam die überraschende Wende. Erst forderte der inzwischen 70-jährige Milingo öffentlich die Abschaffung des Pflichtzölibats; kurz darauf heiratete er die fast 30 Jahre jüngere Koreanerin Maria Chung. Perfekt wurde der Skandal durch die Tatsache, dass die Zeremonie von der als "Moon-Sekte" bekanntgewordenen "Vereinigungskirche" vollzogen wurde.
Es folgte eine vatikanische Soap Opera mit viel Herzblut und Propaganda. Milingo "überfiel" den Papst mit einem Besuch in Castel Gandolfo. Doch Johannes Paul II. gab nicht nach, sondern befahl ihm, in den Priesterstand zurückzukehren und seine Frau zu verlassen. Milingo gehorchte; seine Frau verbrachte daraufhin einen mehrwöchigen Hungerstreik auf dem Petersplatz. Schließlich durfte sie Milingo sehen, das Paar sprach sich aus, und sie reiste unter Tränen ab.
Beugestrafe der Exkommunikation und Zwangslaisierung
Es folgte eine Auszeit Milingos in einem Exerzitienhaus in Argentinien, Reisen nach Afrika und ein dreijähriges Intermezzo in Zagarolo bei Rom, das alsbald zum Pilgerort für Kranke und Besessene wurde. 2006 kam eine erneute abrupte Wende: Wieder vereint mit Maria Chung trat Milingo in den USA auf, wo er seither in der Szene der von Rom abgespaltenen afroamerikanischen Kirchen und Gruppen unterwegs ist.
In Washington weihte er unerlaubt vier verheiratete Männer zu Bischöfen - wodurch er sich, ähnlich wie weiland der erzkonservative Erzbischof Lefebvre, die Beugestrafe der Exkommunikation zuzog. Es folgten weitere unerlaubte Bischofsweihen in Brasilien und Kenia und 2009 die zwangsweise Laisierung unter Papst Benedikt XVI. Noch von 2010 bis 2013 bekleidete Milingo für die "Ecumenical Catholic Apostolic Church of Peace" das Amt eines "Patriarchen für das Südliche Afrika".
Seither ist es stiller geworden um den Mann, der über Jahrzehnte für Unruhe in der Weltkirche sorgte. Im Februar 2015 berichteten italienische Medien über ein Schreiben Milingos an Papst Franziskus. Darin werbe er dafür, verheirateten Priestern in der Seelsorge wieder eine Chance zu geben. Von einer Antwort des Papstes ist nichts bekannt. Am Samstag vollendet Milingo sein 85. Lebensjahr.