Standpunkt

Franziskus beim G7-Gipfel: Der Papst kehrt in die Weltpolitik zurück

Veröffentlicht am 21.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 

Bonn ‐ Nicht nur um innerkirchliche Reformen und Konflikte muss sich der Papst kümmern: Sein Auftritt beim G7-Treffen der Spitzenpolitiker vorige Woche in Apulien zeigt, wie sehr Franziskus in der Weltpolitik gefragt ist, glaubt Thomas Seiterich.

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Franziskus hat nicht lange gefackelt, als Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni ihn zum G7-Gipfel einlud. Dem Pontifex bot sie die Chance auf eine Rückkehr in die Weltpolitik. Denn seit dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel sowie dem Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine war der Vatikan an den Spielfeldrand der internationalen Politik gedrängt worden. In beiden Kriegen war dies der zu zahlende Preis für den radikalen Pazifismus des Papstes.

Frust herrschte deshalb im Vatikan. Der Heilige Stuhl versteht sich stets als Friedensmacht. Er verfügt nicht, wie Stalin einmal spottete, über Divisionen. Doch er pflegt mehr diplomatische Beziehungen als die meisten Staaten und seine Nuntien kontrollieren nicht bloß die jeweiligen Ortskirchen, sondern auch vor Ort die Politik sowie die Behandlung der Minderheiten- und Menschenrechte.

Vatikanische Friedenspolitik erfolgt in der Regel diskret. Doch sie ist auf den Goodwill und die Anständigkeit der Konfliktpartner angewiesen. Im Falle Russlands fehlt diese Haltung. Da steht der Papst vor einer Wand. Franziskus ist in Moskau nicht erwünscht und hat sich ein Bein gestellt, als er festlegte, erst nach dem Besuch in Moskau sei ein Besuch in Kiew dran. In Gaza bleibt dem Papst nichts anderes übrig, als oft die katholische Gemeinde "Heilige Familie" in Gaza anzurufen, zu trösten und zu vermitteln, dass die jordanische Luftwaffe gelegentlich Hilfsgüter abwirft.

Doch jetzt hat der Papst gesprochen und bei G7 ein Zukunftsthema besetzt: Die drohende Verwendung der Künstlichen Intelligenz (KI) zum Zweck der Menschentötung im Krieg. Er warnt zu Recht. Und seine persönlichen Gespräche mit IWF-Chefin Georgieva, Biden, Macron sowie den Präsidenten Indiens, Kenias, Brasiliens und der Türkei tragen dazu bei, dass der Vatikan wieder ins Spiel kommt. Der 87-jährige Franziskus hat bei G7 allerhand geleistet. Ich halte das angesichts seines Alters und der fragilen Gesundheit für sportlich. Respekt!

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.