Standpunkt

Die Kirchensteuer sinkt: Warum das auch eine Chance sein kann

Veröffentlicht am 10.07.2024 um 00:01 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 

Berlin ‐ 2023 ist die Kirchensteuer deutlich gesunken; die fetten Jahre dürften bei dieser Einnahmequelle vorbei sein. Ist das nur eine schlechte Nachricht? Nicht unbedingt, meint Steffen Zimmermann. Weniger Geld könne für die Kirche auch eine Chance sein.

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Sollte man sich darüber freuen, dass die Kirchensteuer im vergangenen Jahr gesunken ist? Noch dazu, wenn man in einem kirchensteuerfinanzierten Unternehmen arbeitet? Wohl eher nicht. Allerdings sehe ich die Nachricht, dass die katholische Kirche 2023 im Vergleich zum Vorjahr rund 330 Millionen Euro weniger Kirchensteuer eingenommen hat und diese zentrale Einkommensquelle nach vielen fetten Jahren nun wohl auf Dauer in den Sinkflug übergegangen ist, auch nicht nur negativ.

Zum einen dürften damit endlich die leidigen Diskussionen der vergangenen Jahre ein Ende haben, bei denen sich die Kirche regelmäßig dafür rechtfertigen musste, dass sie trotz hunderttausender Austritte weiter steigende Steuereinnahmen verzeichnen konnte. Auch wenn dieser scheinbare Widerspruch mit der guten Konjunktur und der wachsenden Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung eigentlich einfach zu erklären war – die Kirche war bei diesen Debatten immer in der Defensive. Vor allem konservative Katholiken warfen ihr gerne vor, im Geld zu schwimmen, obwohl der Glaube hierzulande längst verdunstet sei.

Viel wichtiger aber: Sinkende Kirchensteuereinnahmen können – so paradox es vielleicht klingen mag – durchaus einen neuen Aufbruch ermöglichen. Zu viel Geld kann schließlich träge machen; wer weniger davon hat, muss sich genauer überlegen, wofür er es ausgeben will. Für die Kirche bedeutet das die Chance, alte Zöpfe in Form überkommener Strukturen oder veralteter pastoraler Aktivitäten abzuschneiden und mutig neue, innovative Ideen auszuprobieren. Entsprechende Prozesse sind in den meisten Bistümern längst im Gange (das Ende des Kirchensteuer-Booms war schließlich absehbar), sollten nun aber nochmal forciert werden. Was kann und was sollte sich eine kleinere und ärmere Kirche in Zukunft finanziell noch leisten? Und was nicht mehr? Diesen Fragen müssen sich die Verantwortlichen in den Gemeinden, den Bistümern und der Bischofskonferenz jetzt mit aller Kraft stellen.

Wünschenswert wäre zudem, wenn insbesondere die Bistümer künftig noch mehr kooperieren würden – zusammen ist man schließlich stärker. Bereits existierende Kooperationen im Medien- und IT-Bereich sind Beispiel dafür. Zusammenarbeit über Bistumsgrenzen hinweg ist jedoch noch in weiteren Bereichen denkbar und sollte kein Tabu sein.

Von Steffen Zimmermann

Der Autor

Steffen Zimmermann ist Redakteur im Korrespondentenbüro von katholisch.de in Berlin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.