Ordensdikasterium musste zustimmen

Nach Öffnung für Leitungsämter: Erstmals Laie zum Abt gewählt

Veröffentlicht am 31.07.2024 um 12:06 Uhr – Lesedauer: 

Manchester ‐ Vor zwei Jahren vereinfachte Papst Franziskus, dass auch Laien ein Kloster oder einen Orden leiten können. Nun wurde erstmals ein Abt gewählt, der kein Kleriker ist. Die Zeit des Wartens auf die Genehmigung aus Rom sei beklemmend gewesen.

  • Teilen:

Erstmals nach der Öffnung von Leitungsämtern in Orden durch Papst Franziskus 2022 ist ein Laie zum Abt gewählt worden. Bruder Isaac Murphy wurde vor zwei Wochen von den Mitgliedern der Benediktinerabtei St. Anselm in Manchester im US-Bundesstaat New Hampshire zum Abt gewählt, berichtete die Nachrichtenseite "National Catholic Reporter" am Dienstag. Murphy sei der erste Benediktinerabt in den USA, der nicht das Weihesakrament empfangen habe, also kein Priester sei. "Ich bin froh und stolz, der Abt zu sein", sagte Murphy mit Blick auf seine Wahl. Der neugewählte Abt ist promovierter Politikwissenschaftler, trat 1993 in die Abtei ein und besitzt als ehemaliger Prior bereits Erfahrungen in der Leitung des Klosters.

"Wir haben die richtige Person für die Gemeinschaft gewählt", zitiert "National Catholic Reporter" Bruder Francis McCarty, der für die Durchführung der Wahl verantwortlich war. "Die Gemeinschaft möchte durch die Wahl eines Bruders kein Statement abgeben – wir haben Bruder Isaac gewählt, weil er ein guter Abt sein wird." Murphy wurde bereits Ende April zum Abt bestimmt, doch der Abt-Präsident der zuständigen Benediktinerkongregation, Jonathan Licari, musste im Vatikan um eine Ausnahmegenehmigung bitten, um die Wahl abzuschließen. Das Kirchenrecht schreibt vor, dass zu höheren Oberen von Ordensgemeinschaften, denen sowohl geweihte als auch nicht-geweihte Mitglieder angehören, normalerweise nur Kleriker gewählt werden können. Im Mai 2022 hatte Papst Franziskus dem Ordensdikasterium die Vollmacht erteilt, nach eigenem Ermessen und in Einzelfällen dennoch die Ernennung oder Wahl von Laienmitgliedern zum Ordensoberen zu gestatten. Dieser Schritt wurde als eine generelle Öffnung von Leitungsämtern in Orden für Laien gewertet.

Auch Benedikt von Nursia war kein Kleriker

Das Warten auf die Genehmigung seiner Wahl zum Abt aus dem Vatikan sei eine beklemmende Erfahrung gewesen, so Murphy über die knapp sechs Wochen bis Mitte Juni. "Wir wussten nicht, wie lange es dauern würde." Der neue Abt sieht in seinem Status als Laie kein Hindernis für die Leitung des Klosters. Auch der Verfasser der Regel des Benediktinerordens, der heilige Benedikt von Nursia, habe keine Weihe empfangen. Nach Ansicht von Kongregationspräsident Licari ist die Wahl Murphys eine große Chance für die Vereinigung, "weil dadurch die Tür für mehr qualifizierte Leute geöffnet wird". Die neue Situation mit einem Laien an der Spitze des Klosters führe jedoch dazu, dass bestimmte liturgische Gewohnheiten überdacht werden müssten: Bisher habe der Abt etwatraditionell immer der Weihnachtsmesse der Abtei vorgestanden, das gehe nun aufgrund seiner nicht vorhandenen Weihe nicht mehr, so Murphy. Es könne deshalb künftig eventuell zwischen "vorstehen" und "zelebrieren" unterschieden werden. Ähnlich verhalte es sich derzeit mit Papst Franziskus, der bei bedeutenden Liturgien in Rom anwesend sei, aber aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung nicht immer den Gottesdienst feiere.

Die Abtei St. Anselm wurde 1889 gegründet, aktuell gehören ihr 29 Mönche an. Murphy ist der sechste Abt des Klosters. Zur Abtei gehören eine Pfarrei, mehrere Schulen und ein College. Der neugewählte Abt unterrichtete dort bis zu seiner Wahl im Fachbereich Politikwissenschaft. (rom)