200.000 Euro der Glaubenskongregation seien auf Privatkonto gefunden worden

Bericht: Amtszeit von Kardinal Müller wegen Finanzuntersuchung beendet

Veröffentlicht am 01.08.2024 um 12:21 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Bislang hieß es meist, dass Kardinal Müllers überraschendes Ende als Präfekt der Glaubenskongregation 2017 nach theologischen Differenzen mit Papst Franziskus erfolgt sei. Eine US-Nachrichtenseite hat nun einen anderen möglichen Grund gefunden: Angeblich ging es um finanzielle Unregelmäßigkeiten.

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Finanzielle Unregelmäßigkeiten in der damaligen vatikanischen Glaubenskongregation (seit 2022: Dikasterium für die Glaubenslehre) sollen laut einem Medienbericht der Grund für das Ende der Amtszeit von Kardinal Gerhard Ludwig Müller an der Spitze der Kongregation gewesen sein. Wie die US-Nachrichtenseite "The Pillar" am Mittwoch berichtete, erklärten mehrere Quellen im Vatikan unabhängig voneinander, dass Müllers Abgang im Sommer 2017 auf eine Untersuchung zurückzuführen sei, bei der große Summen Bargeld in Büros der Glaubenskongregation sowie unklare Geldüberweisungen auch auf das Privatkonto des Kardinals entdeckt worden seien. So seien rund 200.000 Euro, die eigentlich für das Bankkonto der Kongregation bestimmt gewesen seien, auf Müllers Konto gefunden worden.

Die Ergebnisse der Untersuchung, die vom Wirtschaftssekretariat unter Kardinal George Pell durchgeführt worden sei, seien Ende 2015 Papst Franziskus vorgelegt worden. Als Reaktion darauf habe Franziskus Müller aufgefordert, das auf seinem Privatkonto liegende Geld der Glaubenskongregation zurückzuüberweisen. Weitere Sanktionen gegen den Kardinal seien danach zwar nicht erfolgt. Müllers Ende als Präfekt zwei Jahre später sei laut den Quellen jedoch auf die Ergebnisse der Untersuchung und den dabei festgestellten nachlässigen Umgang mit Geld in der Kongregation während der Amtszeit des Kardinals zurückzuführen.

Hunderttausende Euro veruntreut oder nicht ordnungsgemäß dokumentiert

Laut "The Pillar" war die Finanzuntersuchung initiiert worden, nachdem vatikanische Beamte entdeckt hatten, dass zahlreiche Abteilungen in der Kurie große Mengen Bargeld aufbewahrten, ohne das Geld ausreichend zu dokumentieren und zu sichern. Dies habe zu einer Reihe von "Stichprobenkontrollen" in mehreren Dikasterien geführt. Bei einer entsprechenden Kontrolle in der Glaubenskongregation hätten die Prüfer bei ihrer Ankunft gesehen, wie mehrere Mitarbeiter der Kongregation versucht hätten, Plastiktüten voller Bargeld "durch die Hintertür" aus ihren Büros verschwinden zu lassen. "Es war einfach surreal", zitierte die Nachrichtenseite einen damals involvierten Beamten. Der Vorgang habe Kardinal Pell veranlasst, eine gründlichere Untersuchung anzuweisen.

Diese Untersuchung sei im Herbst 2015 durchgeführt worden und habe ergeben, dass in der Kongregation Hunderttausende Euro "entweder veruntreut, nicht ordnungsgemäß dokumentiert oder anderweitig nicht verbucht" worden seien. Ein leitender Beamter habe die Gesamtsumme auf mehr als eine halbe Million Euro beziffert; ein Großteil davon sei in bar gefunden worden, der Rest habe auf "Bankkonten außerhalb der Kongregation" gelegen. Kardinal Müller habe in diesem Zusammenhang angegeben, dass ein Schreibfehler bei den Kontonummern zu der Überweisung der rund 200.000 Euro auf sein Privatkonto geführt habe.

"Ich glaube nicht, dass Kardinal Müller versucht hat, sich zu bereichern"

Ebenfalls untersucht wurde laut "The Pillar" der Verbleib eines großen, antiken Konferenztisches, der lange Zeit im Hauptkonferenzsaal der Kongregation gestanden habe. Namentlich ebenfalls nicht genannten Quellen zufolge habe Müller als Präfekt für mehrere zehntausend Euro einen neuen, moderneren Konferenztisch bestellt und den alten Tisch danach an einen bayerischen Möbelhersteller und Antiquitätenhändler – angeblich ein persönlicher Freund des Kardinals – übergeben. Im Rahmen der Untersuchung sei bemängelt worden, dass Müller gar nicht die Befugnis gehabt habe, den alten Tisch wegzugeben, da das Möbelstück nicht der Kongregation, sondern der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls gehört habe.

Immerhin: Eine Quelle aus dem Wirtschaftssekretariat erklärte laut "The Pillar", dass keine Beweise dafür gefunden worden seien, dass Müller das Geld auf seinem Privatkonto für eigene Zwecke habe verwenden wollen. Es liege eher nahe, dass nach Ankündigung der "Stichprobenkontrollen" Panik in der Glaubenskongregation geherrscht habe und versucht worden sei, das viele Bargeld noch rechtzeitig aus den Büros verschwinden zu lassen. "Ich glaube nicht, dass Kardinal Müller versucht hat, sich mit dem Dikasterium zu bereichern", so die Quelle. Der Kardinal selbst reagierte laut "The Pillar" bislang nicht auf Anfragen der Nachrichtenseite. (stz)