Mehrheit der Geistlichen repräsentiere immer weniger die Mitte der Gesellschaft

Sozialwissenschaftler: Priesterstudie bestätigt Stereotype

Veröffentlicht am 16.08.2024 um 11:26 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ Priester sind konservativ und kommen aus gut katholischen Familien – soweit das Klischee. Das stimmt auch, sagt der Bochumer Sozialwissenschaftler Nikita Katsuba. Er sieht eine wachsende Lücke zur gesellschaftlichen Mitte.

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Laut dem Sozialwissenschaftler Nikita Katsuba bestätigt die Bochumer Priesterstudie klassische Stereotype. "Katholische, monokonfessionelle Herkunftsfamilien, kirchlich-religiöse Erziehung, prägende Eindrücke von Kirche während der entscheidenden Sozialisierungsphase, konservative – um nicht zu sagen veraltete – Vorstellungen über den Priesterberuf und über die eigene Rolle als Priester", nannte der Bochumer Forscher im Interview mit dem Portal "kath.ch" am Freitag. "Ausreißer, die diesem Muster nicht entsprechen, gibt es zwar, sie befinden sich jedoch in der Minderheit."

"Die Mehrheit der Priester mit ihrem traditionell-katholischen Habitus repräsentiert immer weniger die Mitte der Gesellschaft – wie es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war – und zunehmend einen konservativen, demografisch alternden und schwindenden Rand", so Katsuba weiter. Die Meinung von wichtigen Repräsentanten von Kirche und der Gesellschaft – "auch der Katholiken – zu einer breiten Palette aktueller Fragen in Politik, Moral und Kirche" gehe so immer weiter auseinander.

Konventionell oder konservativ

Die im Mai veröffentlichte Studie des Bochumer "Zentrums für angewandte Pastoralforschung" (zap) hatte Priester der Weihejahrgänge 2010 bis 2021 befragt. Diese hatte ergeben, dass die Männer meistens aus kinderreichen Familien stammten und klassisch kirchlich sozialisiert wurden. Zudem seien die meisten konventionell oder konservativ orientiert.

Kirchliche Reformthemen hatten bei den jungen Priestern keinen großen Rückhalt: Fragen nach der Zulassung von Frauen zur Weihe oder nach mehr Teilhabe von Laien bei kirchlichen Entscheidungen bekamen lediglich Zustimmungswerte von rund 25 bis 36 Prozent. Über 80 Prozent sind hingegen der Meinung, dass es für eine Reform der Kirche mehr Angebote mit spirituellem Tiefgang brauche; rund 76 Prozent sehen eine stärkere Ausrichtung auf Vermittlung von Glaubensinhalten als entscheidend an. Die Verantwortlichen sehen in den Studienergebnissen eine große Notwendigkeit zum Umsteuern in der Berufungspastoral und der Priesterausbildung. (cph)