Sehnsucht nach Frieden und Freiheit

Kardinal Woelki: Not der Kriegsopfer in der Ukraine zu oft vergessen

Veröffentlicht am 20.08.2024 um 15:59 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Sechs Tage lang besuchte Kardinal Woelki die Ukraine. Er traf Flüchtlinge und Überlebende, besuchte kirchliche Einrichtungen und Orte russischer Massaker. Jetzt ruft er zu weiterer Unterstützung des Landes auf – auch im Interesse des Westens.

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Nach der Rückkehr von seiner Ukraine-Reise ruft der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zur humanitären Unterstützung des Landes auf. "Ich bin weder Politiker noch Militär", erklärte er am Dienstag in Köln. "Ich möchte die Not der Kriegsopfer und Flüchtlinge wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Sie wird angesichts der vielen Militärfragen leider oft vergessen."

Woelki kehrte am Montag von einer sechstägigen Ukraine-Reise zurück. In Lwiw (Lemberg) und der Hauptstadt Kiew besuchte er karitative Projekte und traf Kirchenvertreter. Zudem war er in Irpin, Butscha und Hostomel und redete mit Überlebenden der dortigen russischen Angriffe. Auf einem Militärfriedhof sprach er mit Angehörigen von Gefallenen und predigte bei einer Trauerfeier für drei getötete Soldaten.

Der Erzbischof wolle in der Öffentlichkeit das Leiden und die Bedürfnisse der Menschen in der Ukraine weiterhin thematisieren, hieß es nach der Reise. Denn "wenn sich der Krieg in der Ukraine weiter ausweiten sollte, müssen wir mit über zehn Millionen zusätzlichen Flüchtlingen in Europa rechnen", so Woelki. "Die meisten wollen einfach nur, dass dieser Krieg aufhört", berichtete Woelki von seinem Gesprächen. Außer nach dem Frieden sehnten sich die Menschen nach Freiheit.

"Kinder können nicht mehr Kinder sein"

Ähnlich hatte sich der Erzbischof bereits in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) geäußert: "Die Menschen setzen alles daran, in einem souveränen Land zu leben. Sie wollen sich nicht mehr von Russland sagen lassen, was sie zu tun oder zu lassen haben." Immer wieder habe er folgenden Gedanken gehört: "Die gefallenen Männer haben ihr Leben für unsere Freiheit gegeben und sie wollen nicht, dass wir in Unfreiheit zurückbleiben."

Der Erzbischof berichtete auch von einer Begegnung am Grab eines Mannes. Dort habe die Ehefrau mit ihrem acht oder neun Jahre alten Sohn gestanden. "Er sagte uns, er wolle Feuerwehrmann werden. Und wenn das nicht klappe, dann würde er die Uniform seines Vaters anziehen und für ihn kämpfen", so Woelki. "Das war zutiefst erschreckend. Die Kinder können nicht mehr Kinder sein, wie mir Priester sagten. Aber es zeigt, wie sehr es um ihre Freiheit geht."

"Die Tränen der Mütter und Witwen – das bewegt mich zutiefst", sagte Woelki weiter in dem Interview. "Die Trauerfeier der drei gefallenen Soldaten werde ich nicht mehr vergessen. Die Bilder haben sich tief in meine Seele eingeprägt." (KNA)