Standpunkt

Berlin tut der Gesellschaft und der Kirche gut

Veröffentlicht am 23.08.2024 um 00:01 Uhr – Von Dominik Blum – Lesedauer: 

Bonn ‐ Vor 25 Jahren kam die Bundesregierung nach Berlin – nach heftigen Diskussionen. Auch viele kirchliche Institutionen sind seither in die Hauptstadt gezogen. Gut so, kommentiert Dominik Blum.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Als gebürtigem Bonner, Vater von vier Bonner Pänz und Absolvent der Bonner Universität fällt es mir schwer, das zu sagen – aber es stimmt: Wie gut, dass Deutschland seit dem 23. August 1999, seit 25 Jahren also, wieder von Berlin aus regiert wird. Dabei war die Pro-Berlin-Entscheidung im Bundestag der "Bonner Republik" denkbar knapp ausgefallen: 320 Abgeordnete hatten für Bonn, 337 für Berlin gestimmt.
Um die Jahrtausendwende war Berlin für mich das Symbol der geeinten Bundesrepublik und des zusammenwachsenden Europas. Die alte, neue Hauptstadt stand für Frieden und Verständigung. Der eiserne Vorhang schien für immer niedergerissen, ich konnte seit fast zehn Jahren meine Freunde im Osten der Republik ungehindert besuchen. Der SPD-Bundeskanzler dankte seinem CDU-Vorgänger Kohl, dem russischen Präsidenten Gorbatschow und den us-amerikanischen Präsidenten bis zu George Bush. In Berlin, so Schröder damals, träfen Ost und West aufeinander und begegneten sich unterschiedliche Kulturen. Das konnte man, bei allem Respekt vor meiner Heimatstadt am Rhein, von Bonn nicht behaupten vor 25 Jahren.

Und heute? Mittlerweile schaue ich nicht mehr aus der Bundesstadt Bonn nach Berlin, sondern aus der niedersächsischen Provinz. Berlin tut der Gesellschaft in Deutschland nach wie vor gut. Hier müssen gesellschaftliche Konflikte befriedet werden, hier herrscht radikale Pluralität, hier werden für Leute aus Kleinstadt und Dorf (wie mich) Zukunftsperspektiven anschaulich. Und Berlin bleibt ein Sehnsuchtszeichen für Frieden und Verständigung, fast mehr noch als vor einem Vierteljahrhundert.

Auch für die Kirchen bleibt Berlin eine Herausforderung. Das ZdK ist mit seiner Geschäftsstelle vor kurzem in die Hauptstadt gezogen. Das Sekretariat der Bischofskonferenz blieb in Bonn. Vielleicht aber kommt es weniger auf den Standort als auf die innere Haltung an, um von Berlin auch in religiöser Hinsicht zu lernen. Denn die Bundeshauptstadt ist keine säkularisierte Metropole oder eine gottlose Stadt. Der Ostberliner Religionsphilosoph Thomas Brose hat schon früh hinter die Aussage "Kein Himmel über Berlin" ganz bewusst ein Fragezeichen gesetzt. Denn hier verbinden sich "Glaube, Gott und Großstadtleben" zwischen Esoterik, Atheismus und Indifferenz. In der radikalen Pluralität von Religionen und Weltanschauungen ein christliches Profil für heute zu entwickeln, dabei kann Berlin besser helfen als Bonn. Also: Wie wäre es heute Abend mit einer "Berliner Luft" oder einer "grünen Weiße" auf Frieden, Verständigung und religiöse Pluralität. Und auf Berlin.

Von Dominik Blum

Der Autor

Dominik Blum ist Pfarrbeauftragter in der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Artland im Bistum Osnabrück.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.