Rauswurf des Sodalicio-Gründers zeigt Grenzen des Kirchenrechts
Am 14. August machte die Nachricht vom Rausschmiss des Gründers der kirchlichen Gemeinschaft "Sodalitium Christianae Vitae" durch den Vatikan vor allem in den USA und in Südamerika Schlagzeilen. Dort ist die aus Peru stammende Vereinigung sehr viel stärker präsent als in Europa.
Mit etwa 20.000 männlichen Mitgliedern, die, egal ob Priester oder nicht, ehelos leben und Gelübde ablegen, zählt das "sodalicio" zu den mittelgroßen Spezialgemeinschaften in der katholischen Kirche. Es ist größer als die meisten klassischen Ordensgemeinschaften, aber kleiner und weniger weit verbreitet als etwa das Opus Dei oder die Neokatechumenalen.
Ausschluss hat er symbolischen Wert als praktische Auswirkungen
Dass der Gründer Luis Fernando Figari nun durch einen Rechtsakt des vatikanischen Ordensdikasteriums formal aus der von ihm gegründeten Gemeinschaft ausgeschlossen wurde, hat eher symbolischen Wert als praktische Auswirkungen. Denn die Gemeinschaft selbst hatte ihn bereits 2014 faktisch abgeschoben und ihn 2016 zur "persona non grata" in ihren Einrichtungen erklärt. Der Heilige Stuhl hatte bereits in einem Dekret des Jahres 2016 und dann erneut 2017 Figari den Kontakt zu der Gemeinschaft untersagt, nachdem mehrere schwerwiegende sexuelle Verfehlungen, darunter in einem Fall aus dem Jahr 1974 auch mit einem Minderjährigen, nachgewiesen worden waren.
Inzwischen sind sehr viel mehr Missbrauchsfälle Figaris aktenkundig, doch an der Rechtslage ändert das wenig. Schon im Dekret von 2016 stellte der Präfekt der Ordensbehörde, Kardinal Joao Braz de Aviz, fest, dass die kirchenrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten gegen Figari begrenzt sind: Als Laie kann er weder aus dem Priesterstand entfernt noch anderweitig degradiert werden. Dennoch wehrte sich Figari mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln gegen den Rauswurf, so dass weitere Untersuchungen zur Beweisführung nötig wurden. Dabei kam auch der vatikanische "Chefermittler" in Sachen Missbrauch, der maltesische Erzbischof Charles Scicluna, zum Einsatz.
Dass auch nach diesen Ermittlungen am Ende lediglich der Rauswurf aus der Gemeinschaft "Sodalitium" nochmals formalisiert und für unwiderruflich erklärt wurde, veranschaulicht, wie begrenzt die Möglichkeiten des kirchlichen Strafrechts gegenüber Laien sind. Während Diakone, Priester und Bischöfe mit der Entfernung aus dem Klerikerstand empfindlich getroffen werden können, ist gegen Laien allenfalls die Strafe der Exkommunikation möglich.
Da diese aber eine reine Beugestrafe ist, die der Vatikan nach erfolgter Reue und Umkehr des Bestraften wieder zurücknehmen müsste, erschien sie im Fall Figari nicht opportun. Wie schon im Fall des ehemaligen Jesuitenpaters und Mosaikkünstlers Marko Rupnik erweist sich das Kirchenrecht in seiner bisherigen Fassung als ein unzureichendes Werkzeug für die Bestrafung von Missbrauchstätern.
Vom Papst genehmigtes Dekret
Bemerkenswert ist, dass das aktuelle vatikanische Dekret lediglich von der Nummer zwei im Ordensdikasterium, Schwester Simona Brambilla, unterzeichnet wurde. Allerdings trägt es zudem die Unterschrift des Papstes persönlich, mit dem Vermerk "in spezifischer Form genehmigt".
Der Laie Figari ist nach dem Gründer der Legionäre Christi, dem Priester Marcial Maciel Degollado (1920-2008), der zweite Gründer einer ehemals einflussreichen ordensähnlichen Gemeinschaft aus Lateinamerika, dem schwere sexuelle Verfehlungen, darunter auch mit Minderjährigen, nachgewiesen wurden. Auch bei Maciel war es Scicluna, der im Auftrag des Papstes die finalen Ermittlungen durchführte.
Ähnlich wie den Legionären ist die Abwendung der Gemeinschaft von ihrem Gründer nach der kirchenamtlichen Feststellung seiner Verfehlungen total, interne Reformen und konsequentes Vorgehen gegen Missbrauch gehören seither zur Selbstbeschreibung. Dennoch ist das öffentliche Image schwer beschädigt. Der seit 2019 amtierende Generalobere, der kolumbianische Betriebswirtschaftler Jose David Correa (55), steht vor der Herkulesaufgabe, nicht nur den Ruf der Gemeinschaft wieder zu verbessern, sondern sie von Grund auf zu reformieren.