Kritik an fehlenden Begründungen und Verfahrensdauer

Missbrauchsbeauftragter will Transparenz bei Anerkennungsleistungen

Veröffentlicht am 27.08.2024 um 10:41 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg ‐ Missbrauchsbetroffene in der Kirche sollen in einem einfachen Verfahren Zahlungen zur Anerkennung erlittenen Leids erhalten. Der Würzburger Missbrauchsbeauftragte ist mit dem Verfahren grundsätzlich zufrieden – aber es gebe auch Mängel.

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Der Missbrauchsbeauftragte des Bistums Würzburg Alexander Schraml fordert eine Begründungspflicht für die Entscheidungen der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA). In einem Beitrag für "Feinschwarz" (Montag) bezeichnet es der Jurist für Betroffene wie Ansprechpersonen als unbefriedigend, dass Bescheide der Kommission ohne Begründung ergehen, da sich so nicht einordnen lasse, wie die Kommission die Geschehnisse beurteilt hat. "Völlig grotesk wird diese Praxis, seitdem es die Möglichkeit des Widerspruchs gibt. Mit welchen Gründen soll widersprochen werden, wenn man nicht weiß, warum wie entscheiden wurde? Und könnten nicht auch Widersprüche vermieden werden, wenn die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung kennen würden?", fragt Schraml.

Ein weiteres Problem sei die Verfahrensdauer. Oftmals dauere es mehr als ein Jahr, bis eine Entscheidung vorliegt: "Für die Opfer ist das meist unverständlich. Sie selbst haben nach vielen Jahren und Jahrzehnten den Mut aufgebracht, sich jemanden anzuvertrauen." Hier brauche es eine personelle Aufstockung der Kommission. Zuletzt wurde die Kommission Anfang 2022 um drei Mitglieder auf derzeit zehn Mitglieder aufgestockt.

Gewalttaten nicht ausschließlich juristisch behandeln

Grundsätzlich begrüßt der Jurist die von den deutschen Bischöfen beschlossene "Ordnung für das Verfahren zur Anerkennung des Leids", mit der die Kirche institutionelle Mitverantwortung für Missbrauchsfälle über das vom staatlichen Rechtssystem vorgegebene hinaus übernimmt. "Eine Institution, die sich der Nächstenliebe und der Menschenwürde verschrieben hat, kann Gewalttaten ihrer wichtigsten Repräsentanten nicht ausschließlich juristisch behandeln", betont Schraml. Ihm ist wichtig, dass die Ordnung so ausgelegt wird, dass die benannten unabhängigen Ansprechpersonen im Rahmen der Plausibilitätsprüfung umfassende Einsicht in die Archivunterlagen der Diözese nehmen dürfen und müssen, auch in Personalakten: "Dass darüber in den letzten Monaten Zweifel geäußert und Debatten geführt wurden, ist nicht akzeptabel." Es sei nicht angebracht, diese Zuständigkeit von den unabhängigen und zur Verschwiegenheit verpflichteten Ansprechpersonen auf die von der Diözese angestellten Interventionsbeauftragten zu verlagern. Im vergangenen April sind im Bistum Augsburg zwei von drei Ansprechpersonen zurückgetreten, unter anderem mit Verweis auf Probleme bei der Akteneinsicht.

Die seit dem 1. Januar 2021 tätige Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen entscheidet darüber, wie viel Geld Missbrauchsopfer in der katholischen Kirche in Anerkennung des ihnen zugefügten Leids erhalten. Dazu nimmt sie Anträge der Betroffenen über die jeweiligen Ansprechpersonen der Bistümer oder Ordensgemeinschaften entgegen, legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an. Am Verfahren gibt es seit Jahren Kritik. Zuletzt klagten betroffene ehemalige Internatsschüler über mangelnde Transparenz und Gleichbehandlung. Seit ihrer Einrichtung hat die UKA insgesamt mehr als 56 Millionen Euro angewiesen, die sich auf 2.248 beschiedene Anträge verteilen. Stand der Zahlen ist der im März veröffentlichte Bericht der UKA, der sich auf 2023 bezieht. (fxn)