Rom werde nicht mehr als "glaubwürdige Autorität" akzeptiert

Theologin Elsner: Ukraine und Vatikan entfremden sich

Veröffentlicht am 28.08.2024 um 19:59 Uhr – Lesedauer: 
Regina Elsner
Bild: © privat

Köln ‐ Ist in der Ukraine die Religionsfreiheit gefährdet? Auch der Papst zeigte sich besorgt, über ein neues ukrainisches Gesetz, das genau dazu führen könnte. Expertin Regina Elsner sieht deshalb eine Entfremdung zwischen Vatikan und Ukraine.

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Die Ukraine und der Vatikan entfremden sich nach Einschätzung von Regina Elsner, Professorin für Ostkirchenkunde und Ökumenik an der Universität Münster, zunehmend. Auch werde Rom "nicht mehr als glaubwürdige Autorität akzeptiert", sagte die Kirchenexpertin am Mittwoch dem Internetportal domradio.de.

Hintergrund ist eine Debatte um ein Gesetz in der Ukraine, das Präsident Wolodymyr Selenskyj am Wochenende unterzeichnet hatte. Es ermöglicht Gerichten, neun Monate nach Inkrafttreten Gemeinden und andere Kirchenstrukturen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) einzeln zu verbieten, wenn sie mit Russland verbunden sind oder die Ideologie der "Russischen Welt" verbreiten. Es hatte eine internationale Debatte um Religionsfreiheit ausgelöst.

Auch Papst Franziskus hatte sich am Sonntag besorgt um die Religionsfreiheit in der Ukraine gezeigt. Er sagte: "Beten ist kein Verbrechen." Menschen dürften selbst entscheiden, in welcher Kirche sie beten wollen. "Kirchen sind unantastbar", so der Papst weiter.

Russland gehöre zu den größten Gefährdern der Religionsfreiheit

Zwei Tage später kritisierte der ukrainische Präsident in der Hauptstadt Kiew vor Journalisten, Moskau beeinflusse in Europa verschiedene religiöse Institutionen. Selenskyj sagte aber auch, dass die Verbindung zum Vatikan nicht verloren gehen dürfe.

Nach Einschätzung von Kirchenexpertin Elsner sei der Vorwurf der russischen Einflussnahme durchaus nachvollziehbar. "Russland und die russisch-orthodoxe Kirche haben seit vielen Jahren das Thema Religionsfreiheit international besetzt und dafür auch die ökumenischen Beziehungen benutzt." Gemeinsam mit dem Vatikan habe man sich als die einzigen Verteidiger der Religionsfreiheit weltweit positioniert.

Gleichzeitig gehöre Russland zu den größten Gefährdern der Religionsfreiheit sowohl im eigenen Land als auch in den besetzten Gebieten der Ukraine, im Donbass und auf der Krim, so die Professorin weiter. "Dazu hat der Vatikan immer geschwiegen, sogar wenn katholische Priester oder Gläubige unterdrückt wurden. Aber auch zu den anderen Menschenrechtsverbrechen Russlands war der Vatikan still." (KNA)