Deutsche Laien formulieren Erwartungen an Besuch im Vatikan

ZdK in Rom: Das erwarten die Mitglieder des Synodalen Ausschusses

Veröffentlicht am 02.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Benedikt Heider – Lesedauer: 

Bonn ‐ In dieser Woche reist die ZdK-Spitze nach Rom. Dabei soll es nur am Rande um den Synodalen Weg und Ausschuss gehen, heißt es. Gegenüber katholisch.de äußerten Mitglieder des Ausschusses jedoch einhellig die Erwartung, dass die Reformanliegen breiten Raum erhalten sollen. Ein Stimmungsbild.

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Das Präsidium des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) fährt in dieser Woche nach Rom. Die vergangenen Jahre kommunizierten der deutsche Laienkatholizismus und Rom eher aneinander vorbei oder gar nicht. Immer wieder ersuchte das Präsidium des Synodalen Weges den Vatikan um einen Gesprächstermin. Als die Situation nach mehreren römischen Interventionen zu deutschen Reformplänen zu eskalieren drohte, wurde eine Delegation der Bischofskonferenz zu Krisengesprächen in Rom erwartet – es fehlten die Laien. Gesprächsgegenstand zwischen Vatikan und Bischöfen waren die Reformbestrebungen des Synodalen Weges und Ausschusses.

Nun reisen ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp, Generalsekretär Marc Frings sowie die Vizepräsidenten Claudia Nothelle und Thomas Söding in die Ewige Stadt. Wolfgang Klose und Birgit Mock seien verhindert, hieß es. Bei den Terminen im Evangelisierungs- und Glaubensdikasterium, sowie im Dikasterium für die Auslegung von Gesetzestexten soll es laut ZdK um die "globalen Herausforderungen wie Krieg und Frieden, Klimaschutz, Welternährung, gesellschaftliche Spaltung, die Rolle der Kirche in der Gesellschaft" und Lebensschutz gehen. Man wolle die ganze Bandbreite der Arbeit des ZdK darstellen – der Synodale Weg und Ausschuss werde nur am Rande Thema. Gegenüber katholisch.de äußerten Mitglieder des Synodalen Ausschusses jedoch deutlich die Erwartung, dass die Reformanliegen von Synodalem Weg und Synodalem Ausschuss während des ZdK-Besuchs in Rom breiten Raum erhalten sollen.

Gespräche zwischen DBK und Kurie im Vatikan
Bild: ©Matthias Kopp/Deutsche Bischofskonferenz

Ohne ZdK-Vertreter im Vatikan: Die Delegation der deutschen Bischöfe mit Vertretern des Heiligen Stuhls nach den Gesprächen zum Synodalen Weg im März 2024.

Ausschuss-Mitglied Thomas Arnold erwartet vom ZdK in den nächsten Tagen einen klaren Fokus auf Kirchenpolitik: "In Rom wird Kirchenpolitik gemacht. Und darüber gibt es ausreichend Gesprächsbedarf zwischen Deutschland und dem Vatikan.". 2,5 Tage seien ein enges Zeitkorsett, deswegen brauche es eindeutige Schwerpunkte. "Ich erwarte von einem ZdK-Besuch in Rom die klare Priorität: Wir werben für die beste Art, wie wir bei uns den Glauben verkünden können." In Rom zu zeigen, wie man sich als katholische Laien in Politik und Gesellschaft einbringe, ehre das ZdK. Jedoch gehörten diese Bemühungen nach Berlin, so Arnold. Er hoffe, dass die Eindrücke aus den Gesprächen einen Einfluss auf die Entwicklungen der Weltbischofssynode nehmen.

Der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Gregor Podschun erwartet von der ZdK-Spitze in Rom eine "klare und standfeste Meinung und kein Zurückrudern" gegenüber den römischen Behörden. Dazu gehöre auch die Thematisierung der Probleme in den deutschen Diözesen, insbesondere mit Blick auf die Unglaubwürdigkeit der katholischen Kirche. Zudem müsse das ZdK in Rom deutlich machen, dass sexualisierte Gewalt systemische Ursachen habe. Anders als der Synodale Weg habe Rom das noch nicht anerkannt. Zudem zeigte sich Podschun verwundert, dass die Mitglieder des ZdK und die Mitglieder des Synodalen Ausschusses nicht vorab über die Termine in Rom informiert wurden. Er sehe das Risiko, dass die Gespräche in Rom die Entscheidungsfreiheit des Synodalen Ausschuss einschränken können.

Die ehemalige KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth erwartet, "dass das ZdK den ehrlichen und aufrichtigen Wunsch der deutschen Lai:innen vermittelt, an einer zukunftsfähigen und synodalen Kirche mitzuarbeiten." Wichtige Themen seien dabei die Überwindung von Strukturen, die geistlichen und sexuellen Missbrauch ermöglichen sowie die Diskriminierung von Frauen, also ihren Ausschluss von allen Weiheämtern allein aufgrund ihres Geschlechts.

„Die Inhalte des Synodalen Wegs sind kein kirchenpolitisches Programm, das von progressiven Lai:innen mit einer bestimmten Agenda verfolgt wird, sondern eine Notwendigkeit, um Missbrauch künftig zu verhindern.“

—  Zitat: Andrea Heim

Die Bundesgeschäftsführerin der katholischen Erwachsenenbildung Deutschland, Andrea Heim, erwartet dass bei den Gesprächen in Rom "der Urgrund für den Synodalen Weg nicht aus dem Blick gerät". Ziel der deutschen Reformbemühungen sei es, die strukturellen Ursachen von sexualisierter Gewalt und geistlichem Missbrauch einzudämmen. "Die Inhalte des Synodalen Wegs sind kein kirchenpolitisches Programm, das von progressiven Lai:innen mit einer bestimmten Agenda verfolgt wird, sondern eine Notwendigkeit, um Missbrauch künftig zu verhindern." Von den römischen Behörden wünscht sich Heim "etwas mehr höfliche Zurückhaltung und Vertrauen in die deutschen Katholik:innen". Schlimmer könne es sowieso nicht werden, so Heim.

Ausschuss-Mitglied und Pastoralreferent Konstantin Bischoff hofft, dass die römischen Behörden den Sorgen und Zukunftsperspektiven der deutschen Laien synodal begegnen. "Das Hören darf dabei aber nicht bei Höflichkeit stehen bleiben, sondern muss gefolgt sein von einer echten Auseinandersetzung mit den angesprochenen Themen", sagte Bischoff. Ein einmaliges Anhören reiche nicht. Der Besuch in Rom sollte der Beginn gemeinsamer Gespräche mit Bischöfen, ZdK und dem Vatikan sein.

Gemeindereferentin Michaela Labudda fordert, dass die Delegation des ZdK-Präsidiums die Beschlüsse des Synodalen Weges benennt und die Themen Geschlechtergerechtigkeit und Laienpartizipation ins Wort bringt. Dabei müsse deutlich werden, dass die Sorge um die Weitergabe des Glaubens handlungsleitend sei. Daraus könnte es zu einer Verschränkung der deutschen Beschlüsse und den Anliegen der Weltsynode kommen. Zudem erwarte sie, dass "dem ZdK als gewählter Vertretung der Laien der katholischen Kirche mit ähnlichem Vertrauen zugehört wird wie den vielen besorgten Briefen von einzelnen zumeist konservativ-bewahrenden deutschen Katholik:innen, die oft von Verlustängsten geleitet sind."

Bild: ©KNA

Auch das Dikasterium für die Glaubenslehre am Palazzo del Sant Uffizio steht auf dem Reiseplan der deutschen Laien.

Johannes Norpoth, Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, hat die Hoffnung, dass mit dem Besuch der ZdK-Spitze in Rom, "die Stimmen der Lai:innen aus Deutschland in Rom wahrgenommen werden und die jetzt anstehenden Gespräche den Beginn einer Phase des Dialogs und des Austausches sind". Gehe es um den Synodalen Weg und Synodalen Ausschuss, hoffe er auf gemeinsame Gespräche von ZdK und DBK. Norpoth erwartet von den römischen Verantwortlichen, dass sie zu einem offenen und konstruktiven Dialog bereit seien. "Weiter und ausschließlich aus der kirchenrechtlich definierten Machtposition heraus auf Entscheidungen ohne Würdigung der Situationen und Entwicklungen vor Ort zu setzen, wird nicht zur notwendigen Problemlösung beitragen, sondern die Lage weiter verschärfen." Ein solches Verhalten schade der Kirche, so Norpoth.

Dass es nun zu einem Gespräch von ZdK und römischen Behörden kommt, begrüßt der Münsteraner Kirchenrechtler und Mitglied des Synodalen Ausschusses Thomas Schüller: "Es ist erfreulich, dass die zuständigen römischen Behörden nach sehr langer Zeit nun dem ZdK die Huld gewähren, mit ihnen über ihre Anliegen auf dem synodalen Weg direkt zu reden." Auch der Zeitpunkt sei ideal, so Schüller, denn es bleibe "ausreichend Zeit", die römischen Hinweise auszuwerten, "um sie für die Beratungen im Synodalen Ausschuss fruchtbar zu machen". Der Synodale Ausschuss tagt das nächste Mal im Dezember.

Schwester ­Katharina ­Kluitmann ist sich sicher, dass die ZdK-Spitze im Sinne der deutschen Reformbestrebungen handelt. "Ich vertraue darauf, dass sie es schaffen, deutlich in der Sache und verbindlich im Ton die nötigen Themen vorzubringen, mit dem Selbstbewusstsein der Getauften", sagte Kluitmann. Dazu brauche es auch einiges an Diplomatie. Die ZdK-Spitze werde spüren, wie weit sie gehen könne, wo die Ohren offen sind und bei wem für welches Thema auch nicht, so Kluitmann. Das Gespräch sei die einzige Chance miteinander umzugehen. "Dass sich durch ein einzelnes Gespräch weltbewegende Dinge verändern, das glaube ich nicht. Aber ich halte es schon für einen Erfolg, wenn man sich auf diese Weise kennenlernt."

Von Benedikt Heider