Bei Moschee-Besuch: Papst und Großimam unterzeichnen Erklärung
Das Zelt vor der Istiqlal-Moschee in Jakarta ist ganz in den indonesischen Nationalfarben Rot und Weiß gehalten, gesprochen wird in der Landessprache – und auf Italienisch. Die zur feierlichen Unterzeichnung der "Erklärung von Istiqlal" durch Papst Franziskus und Großimam Nasaruddin Umar geladenen Gäste tragen bunte Batikkleidung. Batik – abgeleitet vom javanischen "mbatik" (mit Wachs schreiben) – ist in Indonesien ein Ausdruck des Nationalstolzes. Franziskus indes ist in seiner weißen Soutane erschienen – wie auch der Großimam ganz in Weiß gekleidet ist. Die Farbe des Lichts ist an diesem Donnerstag nicht das einzige verbindende zwischen den beiden Religionsführern.
In ihrer gemeinsamen Erklärung rufen sie zum Einsatz gegen Gewalt und Umweltzerstörung auf. Kriege und Konflikte würden leider in vielen Fällen durch eine Instrumentalisierung von Religion genährt. Auch die weltweite Umweltkrise sei zu einem Hindernis für das Zusammenleben der Völker geworden. Religion müsse vor diesem Hintergrund die Würde jedes Menschen fördern und schützen. "Da es eine einzige globale Menschheitsfamilie gibt, sollte der interreligiöse Dialog als wirksames Instrument zur Lösung lokaler, regionaler und internationaler Konflikte anerkannt werden", heißt es in dem Dokument.
"Tunnel der Freundschaft" verbindet Kirche und Moschee
Ein weiteres Symbol des Miteinanders ist die neue Unterführung, die Indonesiens riesige Nationalmoschee Istiqlal mit der deutlich kleineren katholischen Kathedrale Mariä Himmelfahrt auf der anderen Straßenseite verbindet. Allerdings beließ es der gesundheitlich beeinträchtigte Franziskus, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist, bei einem Blick auf den Eingang des "Tunnels der Freundschaft".
Unterstützt wird der von Papst und Großimam unterzeichnete Appell neben Katholiken und Muslimen auch von Buddhisten, Hindus, Protestanten sowie Vertretern des Konfuzianismus. Sie alle gehören den durch die Verfassung offiziell anerkannten Glaubensgemeinschaften an. Nicht anerkannt sind Indonesiens indigene Religionen, die von etwa 20 Millionen Menschen praktiziert werden. Dank eines Urteils des Verfassungsgerichts dürfen diese immerhin seit 2018 in der Spalte "Religion" ihres Ausweises "Penghayat Kepercayaan" – Gläubiger – eintragen lassen. Zuvor wurde von den Behörden automatisch "Islam" eingetragen.
Während im Zelt die "Erklärung von Istiqlal" unterzeichnet wird, haben sich draußen Tausende Schaulustige versammelt, die einen Blick auf den Papst erhaschen wollen. Aufgeregt zücken sie ihre Handys, um einen Schnappschuss vom katholischen Kirchenoberhaupt zu machen.
Ein Muslim, der sich als Edi vorstellt, hält die gelb-weiße vatikanische Flagge in der Hand. "Paus good!", ruft er. "Paus" ist Indonesisch für Papst. Ein kleiner katholischer Junge hält ein Stück Pappe hoch, auf das er in bunten Farben auf Italienisch geschrieben hat: "Papa, lascia che ti tenga la mano" – Papst, lass mich deine Hand halten.
Sicherheitsleute des Vatikans sind entsetzt
Als Franziskus die Veranstaltung verlässt, gibt es für die Menschenmenge kein Halten mehr. Hunderte stürmen auf den weißen Toyota des 87-Jährigen zu – in der Hoffnung, durch das offene Wagenfenster seine Hand zu erreichen. Einige Zuschauerinnen kreischen, als fahre der Star einer koreanischen Boygroup vorbei. Der sichtlich überforderten Polizei gelingt es kaum, die Menge zurückzuhalten. Den Sicherheitsleuten des Vatikans rechts und links des Wagens steht das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben.
Augustinus Bandur ist ein wenig enttäuscht, dass er den Papst kaum sehen konnte. Der Dozent der Binus University in Jakarta hat ein Buch über Franziskus geschrieben, das er stolz vorzeigt. Etwas frei übersetzt lautet der Titel: "Führung – Der authentische Papst Franziskus – Ein Vorbild für die Welt des 21. Jahrhunderts". "Zwei Bischöfe haben Vorworte geschrieben", sagt der Mann aus Flores, der einzigen indonesischen Region mit katholischer Bevölkerungsmehrheit. Seine Worte gehen aber fast im Hupkonzert der vielen Autos unter. Die Fahrer begrüßen damit nicht etwa den Papst. Sie tun ihren Ärger kund, weil die Straßen rund um Kathedrale und Moschee für den Konvoi des Papstes gesperrt sind.