Standpunkt

Privatmann oder Priester? Die Argumentation kann zum Bumerang werden!

Veröffentlicht am 11.09.2024 um 00:01 Uhr – Von Benedikt Heider – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wird es für die Kirche unangenehm, vergessen Vorgesetzte gelegentlich das amtliche Verständnis des Priestertums und schieben unliebsame Handlungen in die Privatsphäre, kommentiert Benedikt Heider. Diese Argumentationsstrategie kann gefährlich werden.

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Aufregung in Österreich: Ein Pater – gut erkennbar an seinem Ordensgewand – spricht bei einer Veranstaltung der rechtspopulistischen FPÖ und lobt sie als einzig gute Partei der Alpenrepublik. Das Internet steht Kopf – von rechts kommt Lob, von links Kritik. Schnell meldet sich der zuständige Obere des Paters zu Wort und versucht den Skandal einzufangen: der Pater sei gar nicht als solcher bei der Veranstaltung gewesen, sondern als Privatmann. Bei einem monastischen Lebensentwurf, der sich gerade dadurch auszeichnet, dass es Privatleben in der herkömmlichen Form nicht mehr gibt, kann ein solches Argument durchaus irritieren.

Doch das ist kein Einzelfall. Auch bei einem Gerichtsprozess im Erzbistum Köln geht es um die Frage, ob ein Priester, der sich als Pflegevater an seiner Tochter verging, als Privatmann handelte. Das zuständige Erzbistum argumentiert so. Ein Urteil wird in wenigen Tagen erwartet.

Wird es für die Kirche unangenehm, vergessen (grundsätzlich mit sehr weitreichenden Zugriffsrechten ins Privatleben ausgestattete) Vorgesetzte wohl gelegentlich das kirchenamtliche Verständnis des Priestertums als totaler Indienstnahme der ganzen Person und verweisen wie in Österreich oder Köln auf die Privatheit unliebsamer Taten.

Doch diese Ausweichstrategie muss Hohn sein für alle, die in ihrer beruflichen Laufbahn kirchliche Ein- und Übergriffe in ihr Privatleben erlebt haben. Seien es die bestehenden Verbote für Priester ein öffentliches Amt auszuüben, Handel zu treiben oder skurrile Moped-, Kino- und Schwimmbadverbote vergangener Dekaden. Priestersein wurde und wird von der Kirche stets als entgrenzte Rolle verstanden –auch in seiner Freizeit bleibt der Priester Priester.

Und auch sonst begibt sich Kirche mit dieser Argumentation auf gefährliches Terrain. Denn wer einmal Unliebsames in Private verfrachtet, ruft Geister, die er nicht mehr los wird. Warum sollte sich manch ein irrlichternder Priester mit dem Verweis auf sein Privatleben nicht erfolgreich der kirchlichen Sanktionierung entziehen? Wie viel sind dann die vollmundigen Unvereinbarkeitserklärungen gegenüber politischen Parteien noch wert? Die Krisenbewältigungsstrategie "Privatisierung statt Verantwortungsübernahme" könnte noch zu größeren Problemen führen. 

Von Benedikt Heider

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.