Weltgemeinwohl – ein Begriff, der hoffentlich weiter Karriere macht
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Ein Begriff, der offenbar den multiplen Krisen zu trotzen versucht: In seiner Rede beim Michaelsempfang forderte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, mehr Orientierung am "Weltgemeinwohl". Im Mittelpunkt des diesjährigen Abends für die Bundespolitik auf Einladung der katholischen Kirche stand der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Der griechisch-katholische Großerzbischof von Kiew, Swjatoslaw Schewtschuk, warnte in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz eindringlich davor, dass Putins nationalistische Aggression keinesfalls nur seinem Land, sondern Europa und allen demokratischen Staaten überhaupt gilt.
Bätzing selbst dankte am Datum der Feierlichkeiten zu 75 Jahren Bundestag und angesichts der Wahlerfolge der AfD in Sachsen und Thüringen noch einmal bewusster als sonst allen anwesenden Parlamentariern, Regierungsmitgliedern und andern Akteuren im politischen Berlin. Und er stellte in diesem Zusammenhang angesichts der multiplen Krisen den Begriff des Weltgemeinwohls als wichtige Maxime für die Politik in den Mittelpunkt. Tatsächlich kann man den Eindruck haben, dass angesichts der vielfältigen Bedrohungen von innen wie von außen die bisher übliche Rede vom Gemeinwohl längst zu schwach geworden ist. Zu groß ist die Versuchung, die Grenzen der Gemeinschaft zu klein zu ziehen. Das gilt eindeutig für alle nationalistischen Bestrebungen, auch im eigenen Land.
Die Bischöfe haben für ihre eindeutige Absage an alle "völkische" Politik im vergangenen halben Jahr viel Anerkennung erhalten. Aber auch für die ebenfalls am Dienstag beim gescheiterten Migrationsgipfel heftig diskutierten Fragen nach der Abweisung von Flüchtlingen ohne hinreichende Gründe ist der Begriff des Weltgemeinwohls von großem Interesse. Natürlich muss man mit Blick auf das Gemeinwohl und eine gelingende Integration auch über die Grenzen der Aufnahmefähigkeit reden. Die Orientierung am Weltgemeinwohl, dass die Rechte aller Menschen weltweit im Blick hat, wird hier aber immer auch zu kritischen Rückfragen führen. Insofern ist zu wünschen, dass der Begriff weiter Karriere macht. Gerade die katholische Kirche als Weltkirche hat hier eine besondere Aufgabe.
Der Autor
Dr. Stefan Orth ist Chefredakteur der "Herder Korrespondenz".
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Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.