Missverständnisse in Rom: Der Besuch der ZdK-Spitze im Vatikan
Beim Werben um mehr Verständnis für die Reformideen des deutschen Synodalen Wegs in Rom gibt es einen neuen Gesprächskanal. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat in der ersten Septemberwoche erstmals unabhängig von den deutschen Bischöfen mit Vertretern der römischen Kurie gesprochen.
Bislang hatte die ZdK-Spitze vergebens darauf gehofft, dass man im Vatikan bereit sein würde, die beiden Ko-Präsidenten des Synodalen Wegs, den Bischofskonferenz-Vorsitzenden Georg Bätzing und ZdK-Präsidentin Stetter-Karp im Doppelpack zu empfangen. Doch in Rom zeigte man dieser ohne kirchenrechtliche Grundlage geschaffenen Struktur jahrelang die kalte Schulter.
Bisher nur Treffen mit Bischöfen
Stattdessen sprachen führende Kurienkardinäle mit deutschen Bischöfen: Einmal in einer großen Debatte im Rahmen des regulären Ad-Limina-Besuchs der Bischöfe im November 2022. Und danach mehrere Male in kleineren Formaten, bei denen immer wieder eine Handvoll deutscher Bischöfe unter Bätzings Führung nach Rom kamen, um mit den Chefs der wichtigsten Kurien-Behörden über Beschlüsse des Synodalen Wegs zu diskutieren.
Diese Treffen gingen stets mit einem gemeinsam abgestimmten Kommuniqué zu Ende, das im Stil mitunter an diplomatische Verlautbarungen nach dem Treffen von den Regierungsdelegationen zweier Staaten erinnerte. Darin hieß es dann meist, die Gespräche seien konstruktiv gewesen und man habe Einvernehmen über diese oder jene Punkte erzielt.
Eine vergleichbare Verlautbarung gab es nach den Gesprächen der ZdK-Spitze in Rom nicht. Stattdessen teilten Stetter-Karp und ihr Vize Thomas Söding in den vergangenen Tagen über Medien-Interviews mit, worüber man gesprochen habe und wie die Gespräche verlaufen seien. Aus dieser Kommunikation ergibt sich, dass es bei den "Treffen auf Arbeitsebene" vor allem darum ging, einander überhaupt einmal kennenzulernen. Vor der Frage, was man denn inhaltlich erreichen wolle, musste das ZdK die Grundsatzfrage klären, was es selbst ist.
Über das in Rom weitgehend unbekannte Wesen an der Spitze des deutschen Laienkatholizismus herrschten an der Kurie offensichtlich eine Reihe unzutreffender Annahmen. So hatte unlängst ein ranghoher italienischer Kurienkardinal einen interessanten Einblick in seine (inzwischen korrigierte) Wahrnehmung vom ZdK gegeben und die Mutmaßung ausgesprochen, es handle sich dabei um die Interessenvertretung der vielen bei der Kirche angestellten Laienmitarbeiter. Vermutlich hatte ihn eine Lektüre des Lebenslaufs der ZdK-Präsidentin zu diesem Missverständnis verleitet, die tatsächlich eine lange Karriere als Bistumsangestellte hatte, bevor sie 2021 an die Spitze des Gremiums gewählt wurde.
Gegen Vorurteile und Legenden
Andere leitende Kurienbeamte glaubten, es handle sich beim Zentralkomitee um die organisierte Form der innerkirchlichen Opposition – als Gegenüber zu den regierenden Bischöfen. Die mitunter kämpferischen Debatten und Abstimmungen bei den Vollversammlungen des Synodalen Wegs, bei denen die Bischöfe satzungsgemäß über eine eigene Ein-Drittel-Sperrminorität verfügten, hatten wohl zu diesem verzerrten Eindruck beigetragen.
Und so musste die vierköpfige Delegation aus Deutschland, zu der auch Generalsekretär Marc Frings und Vizepräsidentin Claudia Nothelle gehörten, manche Vorurteile über Satzung und Zielrichtung des Synodalen Wegs ausräumen. Sie stellten klar, dass es bei dessen Versammlungen keineswegs möglich war, dass Laien Bischöfe überstimmten – und dass der Synodale Weg auch nicht, wie gelegentlich kolportiert wurde, um ein Haar die Abschaffung des Weihepriestertums beschlossen hätte.
Aber auch die ZdK-Spitze lernte offenbar dazu. Dass in Rom persönlicher Kontakt und "Tuchfühlung" sehr viel wichtiger sind als das Publizieren und Studieren von Beschlüssen und Texten, gehörte zu diesen Erkenntnissen. Die Gesprächspartner hätten die ZdK-Vertreter nun endlich "als getaufte Christen wahrgenommen, die sich engagiert für ihre Kirche einsetzen", so die erleichterte Feststellung von Stetter-Karp im KNA-Interview.
Gleich zwei deutsche Institutionen, die in Rom fest verankert und gut vernetzt sind, trugen dazu bei, dass die Premiere des ZdK in Rom zumindest atmosphärisch und auf der persönlichen Ebene des Kennenlernens zu einem Erfolg wurde. Die eine ist die Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom, die bei der Vorbereitung der meisten Termine hilfreich zur Seite stand. Die andere war die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl. Sie ermöglichte durch ein klug arrangiertes Abendessen ein noch besseres persönliches Kennenlernen zwischen Vertretern der Römischen Kurie und den Gästen aus Deutschland.
Wichtige deutsche Gesprächspartner
Eine Sonderrolle bei den Treffen in Rom nahmen einige schon lange in Rom wirkende Deutsche ein: Der Kirchenrechtsexperte Markus Graulich vom Vatikan-Dikasterium für die Gesetzestexte und die auf weltkirchlicher Ebene tätigen deutschen Experten im Kampf gegen Missbrauch Pater Hans Zollner und Peter Beer.
Letztere zeigten sich laut Auskunft der ZdK-Delegation im Kern einverstanden mit dem Grundansatz des Synodalen Wegs in Deutschland in Bezug auf den sexuellen Missbrauch durch Kleriker. Anders als manche andere Akteure im Vatikan teilten sie die Ansicht des ZdK und der Mehrheit der deutschen Bischöfe, dass es darum gehen müsse, die "systemischen Ursachen" des Missbrauchs zu bekämpfen und entsprechende Reformen einzuleiten.
Ein anderes deutsches Reformprojekt stand im Mittelpunkt der Gespräche mit Pater Graulich: Hier ging es um die von deutscher Seite her seit langem geforderte Einrichtung neuer kirchlicher Strafgerichte für Missbrauch – und von Verwaltungsgerichten, an die auch katholische Laien sich wenden könnten, wenn sie sich durch Entscheidungen von Klerikern zu Unrecht in ihren Rechten beschnitten sehen. Hierzu erfuhr die ZdK-Delegation, dass es, anders als oft behauptet, keineswegs der Vatikan sei, der diese Reformvorhaben behindere oder auf die lange Bank schiebe. (KNA)