Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda endet

Bischof Bätzing: Halten am System der Anerkennungsleistungen fest

Veröffentlicht am 26.09.2024 um 14:29 Uhr – Lesedauer: 

Fulda ‐ Seit Montag tagen die deutschen Bischöfe bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda. Dabei beschäftigten sie sich unter anderem mit der Weltsynode und dem Krieg im Nahen Osten. Zum Abschluss sprach der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing vor der Presse.

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Die deutschen Bischöfe wollen trotz Kritik am System der Anerkennungsleistungen der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) festhalten. "Mit Betroffenen bin ich im Gespräch, denn ich weiß um die Unzufriedenheit mit einigen Entscheidungen der UKA", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, bei der Abschluss-Pressekonferenz zur Herbstvollversammlung am Donnerstag in Fulda. "Die Leistungen werden das Leid der Betroffenen nie gutmachen können. Jegliche Begründung wird unzureichend sein." Die Unabhängigkeit der UKA sei den Bischöfen von Anfang an wichtig gewesen. "Aber es bleibt die gefühlte Abhängigkeit der Betroffenen von einem Gremium, das sie persönlich nicht kennen. Das ist der Preis der Niederschwelligkeit." Jeder habe die Möglichkeit, zivilrechtlich zu klagen – viele wollten das aber nicht. Denen wolle man mit dem Festhalten am UKA-System entgegenkommen. "Deshalb werden wir an diesem System auch weiterhin festhalten, zumal es in keiner anderen Institution in Deutschland derzeit ein vergleichbares außergerichtliches System für solche freiwilligen Leistungen gibt." Die Mitglieder der UKA seien von Bätzing für eine weitere vierjährige Amtszeit berufen worden.

Bätzing teilte darüber hinaus mit, dass sich ein Sachverständigenrat zum Schutz vor sexuellem Missbrauch und Gewalterfahrungen sich zeitnah konstituieren könne, da ein unabhängiges Gremium die Personen für diesen Rat ausgewählt habe. "Der Sachverständigenrat soll die Qualität der Aufarbeitung verbessern und sichern", so Bätzing. Als Experten sollen in diesem Gremium künftig der Bamberger Psychotherapeut Ralf Bergner-Köther, die Münsteraner Sozialpädagogin Judith Haase, die ehemalige hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, der Potsdamer Psychologe Jörg Maywald, der Bonner Moraltheologe Jochen Sautermeister, die Berliner Verhaltenstherapeutin Birgit Wagner und die Politologin Johanna Michaela Weber angehören. Aus dem Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz wurden die Mitglieder Claudia Schmidt und Patrick Bauer in das Gremium entsandt. Für den Betroffenenbeirat selbst solle eine Kommission zeitnah fünf Mitglieder auswählen.

Bätzing: Vertraue auf Einheit der Kirche

Im Hinblick auf die in der kommenden Woche beginnende zweite Sitzungsperiode der Weltsynode betonte Bätzing, dass die Bischöfe Themenschwerpunkte identifiziert haben, die sowohl für die Vollversammlung der Synode als auch für den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland von Bedeutung seien. "Teilhabe, Transparenz, Offenheit, Rechenschaft, Einheit in Verschiedenheit, Inkulturation und Hinwendung zu den 'Rändern' unserer Gesellschaft sind in dieser Perspektive wichtige Stichworte für die Beratungen dieser Synode", so Bätzing. Grundsätzlich könne Synodalität ein integratives Modell zur Bearbeitung von Konflikten sein. "Deutlich wurde im Gespräch aber auch, dass eine solche synodale Kirche nur als eine Kirche der bewusst und angstfrei wahrgenommenen Vielfalt in Einheit möglich ist." Hier bräuchten die Ortskirchen und kirchliche Strukturen wie Bischofskonferenzen Handlungsspielräume, um nach konkreten Problemlösungen zu suchen. Die Einheit der Kirche sieht er durch eine solche Dezentralisierung nicht gefährdet. "Die Einheit der Kirche ist eine Gabe des Geistes und auf die vertraue ich unglaublich", sagte Bätzing bei der Pressekonferenz. Er vertraue darauf, dass niemand die Einheit der Kirche in wesentlichen Fragen aufs Spiel setze.

Daneben habe sich die Vollversammlung auch mit dem Thema "Synodalität und Ökumene" befasst, so Bätzing. Die Ökumenekommission habe einen Bericht vorgelegt, wie Synodalität in anderen Kirchen und Gemeinschaften, insbesondere der Orthodoxie und der reformatorischen Tradition, verstanden und gelebt werde. Klar sei, dass synodale Strukturen nicht einfach übertragbar seien. "Das schmälert nicht die Bedeutung des ökumenischen Gesprächs über die je spezifischen Ausprägungen von Synodalität, um einander besser zu verstehen und voneinander zu lernen", sagte der DBK-Vorsitzende. In der Stärkung synodaler Strukturen in der katholischen Kirche und zwischen den Kirchen sehe er ein bedeutendes ökumenisches Potenzial.

Leerer Hörsaal in einer Universität
Bild: ©adobestock/rcfotostock (Symbolbild)

Die Theologischen Fakultäten stünden an vielen Universitäten unter Druck, sagte Bischof Bätzing. In diesen Kontext hinein will die Bischofskonferenz eine Erklärung zur Bedeutung der katholischen Theologie veröffentlichen.

Am Rande der Vollversammlung wurde bekannt, dass die DBK ein Papier mit Ausführungserläuterungen zum Umgang der Kirche mit Haupt- und Ehrenamtlichen, die Mitglied in einer extremistischen Partei sind oder mit solchem Gedankengut offen sympathisieren, beschlossen hat. "Wenn es um solche Verfahren geht, dann ist immer die entscheidende Zielabsicht eine Einigung", betonte Bätzing bei der Pressekonferenz. Wie viele solcher Fälle in Zukunft auf die katholische Kirche zukämen, ließe sich noch nicht abschätzen. Die Erklärung sei aber nur als Empfehlung zu verstehen und nicht bindend. "Jede einzelne Diözese muss da die Hoheit haben, damit umzugehen. Und das bleibt auch so."

Das neue Einordungspapier bezieht sich auf die Erklärung "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar", die bei der Frühjahrsvollversammlung in Augsburg verabschiedet wurde. Grundsätzlich erziele die AfD derzeit viele Wahlerfolge, aber niemand wolle mit ihr reagieren, deswegen könne die Partei auch nicht reagieren, sagte Bätzing. Die AfD greife wichtige Fragen auf, die viele Menschen beschäftigten, gebe dann aber extremistische und falsche Antworten darauf.

Zukunft der universitären Theologie

Mit Blick auf die Zukunft der Theologie an staatlichen Universitäten in Deutschland erklärte Bätzing, dass der Vorsitzende der Kommission für Wissenschaft und Kultur, Kardinal Rainer Maria Woelki, eine Erklärung der deutschen Bischöfe zur Bedeutung der Theologie vorgestellt hat. Diese solle ein eigener wissenschaftspolitischer und organisatorischen Beitrag der deutschen Bischöfe und zur Unterstützung der theologischen Studieneinrichtungen bei der Standortentwicklung und Schwerpunktsetzung sein. Bätzing erinnerte daran, dass bereits im Juni die Glaubenskommission die Erklärung "Theologie in der Gesellschaft" als ersten, inhaltlich orientierten Beitrag der DBK veröffentlicht habe. Die Theologischen Fakultäten stehen aktuell an vielen Universitäten unter Druck. Die Zahl der Studierenden sinkt, zudem gibt es weniger junge Wissenschaftler, die sich für eine Theologielaufbahn entscheiden.

Inhaltlich geht es in der Erklärung der Bildungskommission um aktuelle Herausforderungen der akademischen Theologie und deren Bedeutung für Wissenschaft, Gesellschaft und Kirche: Die Theologie leiste einen wichtigen Dienst an Wissenschaft und Gesellschaft. Der Text formuliere die Erwartung an das Selbstverständnis der katholischen Theologie, in alle benannten Bereiche hineinzuwirken und einen Beitrag zur Werte- und Handlungsorientierung zu leisten, betonte Bätzing. Neben Fragen zur Erteilung des "Nihil obstat" werde auch der Religionsunterricht in der Schule als wichtiger Ort der Glaubenskommunikation in die Gesellschaft hinein thematisiert. "Mit der Erklärung möchten wir einen Beitrag leisten, die Bedeutung der Theologie als Wissenschaft und als Studienfach in Erinnerung zu halten und zu stärken. Denn auch in einer Kirche der Umbrüche ist die Theologie in Zukunft unverzichtbar", so Bätzing. Der Gesamttext soll in den nächsten 14 Tagen veröffentlicht werden.

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Als weiteres Dokument wurde ein Grundlagenpapier zur Polizeiseelsorge verabschiedet, das in den kommenden Monaten erscheinen soll. Die Seelsorge für Polizisten und Polizistinnen bezeichnete Bätzing als besonders wichtige Aufgabe. "Wir erleben in unserer Gesellschaft immer mehr Gewalt, in Worten wie in Taten. Und Polizisten sind derzeit sehr häufig mit sehr schwierigen Situationen konfrontiert. Hier können die Polizeiseelsorger wichtige erste Ansprechpartner sein." Wichtig seien unabhängige, professionelle und verlässliche Gesprächspartner.

Einer der weiteren Schwerpunkte der Vollversammlung seien die welweiten Konfliktherde gewesen. Der Konflikt im Nahen Osten könnte das Potenzial für einen "Flächenbrand" in sich tragen, betonte Bätzing. "Der Weltfriede ist an dieser Stelle gefährdet", mahnte der DBK-Vorsitzende. Die Hoffnungsreserven der Bevölkerung schienen aufgebraucht. Jenseits dieses Konflikts sprach Bätzing auch davon, die Aufmerksamkeit auf den Krieg in der Ukraine zu richten. "Die Ukraine steht vor dem vermutlich härtesten Winter seit dem russischen Großangriff vor über zwei Jahren." Raketen und Drohnen hätten wichtige Bestandteile der ukrainischen Infrastruktur wie Kraftwerke und Stromleitungen getroffen und zerstört. Daher sei zeitnahe Hilfe für die Ukraine geboten. Dies betreffe die westlichen Staaten, aber auch die Zivilgesellschaft und die Kirchen. "Ich appelliere daher an die Katholiken, in ihrer bewährten Solidarität nicht nachzulassen."

Klima- und Umweltschutz drohe aus dem Blick zu geraten

Den zehnten Jahrestag der Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus im kommenden Jahr wollen die deutschen Bischöfe laut Bätzing zum Anlass nehmen, sich vermehrt über das Thema Schöpfungsverantwortung auszutauschen und zu prüfen, wie sie der Verantwortung noch besser gerecht werden könnten. "Wir nehmen mit Sorge wahr, dass der Klima- und Umweltschutz in der politischen Öffentlichkeit aus dem Blick zu geraten droht", so der Bischof. Papst Franziskus habe 2015 die Folgen einer fehlenden Klima- und Umweltpolitik klar benannt und eindringlich schnelle, sozialverträgliche Lösungen gefordert. Seine Diagnose sei heute aktuell wie am ersten Tag. "Ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit sind untrennbar miteinander verbunden. Dies kann nicht oft genug betont werden und muss der Maßstab sein für Verantwortliche in Politik, Wirtschaft, aber vor allem für uns als Kirche."

Am Donnerstag endet die Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe mit der Schlussvesper im Fuldaer Dom. Seit Montag haben die 61 DBK-Mitglieder beraten. Auf der Tagesordnung standen Gespräche zur in der kommenden Woche beginnenden zweiten und abschließenden Sitzungsperiode der Weltsynode in Rom und Gespräche zur Lage der Christen im Nahen Osten. Dazu war der Jerusalemer Patriarch Kardinal Pierrebattista Pizzaballa Gast der Bischöfe. Außerdem wurde über Fragen der Polizeiseelsorge, die Zukunft der katholischen Theologie in Deutschland, die Auswertung der internationalen Ministrantenwallfahrt nach Rom und die Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen und das Heilige Jahr 2025 getagt. (cbr/mal)

Der Abschlussbericht der Herbstvollversammlung

Der vollständige Bericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zum Abschluss der Herbstvollversammlung 2024 ist auf der Webseite der DBK abrufbar.