Sie begleiten und beschützen die deutschen Bischöfe bei Gottesdienst

Eine Besonderheit zur Schlussvesper: Die Hellebardenträger aus Fulda

Veröffentlicht am 26.09.2024 um 16:00 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Fulda ‐ Wenn die Bischöfe zur Abschlussvesper der Vollversammlung in den Fuldaer Dom einziehen, laufen ganz in ihrer Nähe auch einige Männer mit schwarzen Anzügen – und Hellebarden. Nur zu wenigen Anlässen treten sie öffentlich in Erscheinung. An diesem Donnerstag ist einer davon.

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Bis halb sechs hängen die zwölf Hellebarden im Dommuseum von Fulda. Dann kommen Hubert Angelstein und seine Mitstreiter, um die Hieb- und Stichwaffen abzuholen. Ihr Ziel: der Hohe Dom zu Fulda. Dort beginnt nur wenig später die Schlussvesper der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Der Gottesdienst ist einer von nur drei Momenten im Jahr, an denen die Hellebardenträger in Erscheinung treten. Auch an Fronleichnamszug und am Bonifatiusfest begleiten sie Bischof und Domkapitel. 

Und damit sind die Hellebardenträger eine Besonderheit. "Mir ist nicht bekannt, dass es Hellebardenträger in anderen deutschen Diözesen gibt", sagt Angelstein, der Sprecher der ehrenamtlichen Gruppe. Und diese Besonderheit gibt es schon sehr lange: Seit etwa 1926 bestehen die Hellebardenträger in ihrer heutigen Form, doch die Vorgeschichte der Hellebarden selbst ist unbekannt. Auf der Website des Bistums Fulda heißt es: "Professor Christoph Nicht vermutet, dass die Hellebarden in Nürnberg in einer Waffenschmiede mit Inschrift und Wappen des Fürstabts und Fürstbischofs angefertigt wurden", heißt es. Auch der Hintergrund für die Zahl zwölf ist nicht gesichert. "Wahrscheinlich bezieht sich das auf die zwölf Apostel", vermutet Thomas Gaßmann, der ebenfalls Hellebardenträger ist.

Die Hellebardenträger Thomas Gaßmann und Hubert Angelstein
Bild: ©katholisch.de/cbr

Thomas Gaßmann (links) und Hubert Angelstein (rechts) sind seit Jahrzehnten als Hellebardenträger aktiv. Vor jedem Einsatz holen sie die Waffen im Dommuseum ab.

Auch wenn die zwölf Träger mit ihrer Hellebarde eine Waffe dabei haben, haben sie heute mehr eine repräsentative als eine schützende Funktion. "Wir sind wie die Schweizergarde", vergleicht Gaßmann. "Aber auf die lockere Art." Wirklich einsetzen mussten sie ihre historische Waffe noch nie, erzählt er. Eine eigene Ausbildung oder Schulungen für das Ehrenamt gibt es nicht. Neulinge laufen in der Mitte der Gruppe mit und lernen so die Abläufe kennen.

Einfach ist es trotzdem nicht, Hellebardenträger zu werden. Ein Bewerbungsverfahren oder eine Warteliste gibt es nicht. Es laufe vor allem über "Mundpropaganda", sagt Angelstein: Aktive Hellebardenträger sprechen selbst potenzielle Kandidaten an, die aus ihrer Sicht verlässlich sind und für die Aufgabe infrage kommen. Eine Altersgrenze gibt es allerdings. Nur standhaft müssen die Männer sein – im buchstäblichen Sinn: Ob bei der Schlussvesper oder bei der Fronleichnamsprozession, die Hellebardenträger setzen sich während der Gottesdienste nicht, sondern gehen und stehen mit der rund zehn Kilogramm schweren Stangenwaffe immer in der Nähe der Bischöfe.

Sechs der Zwölf Hellebarden im Fuldaer Dommuseum
Bild: ©katholisch.de/cbr

In Reih und Glied stehen die Hellebarden im Fuldaer Dommuseum. Hier werden sie aufbewahrt – bis sie bei den Gottesdienst im Einsatz sind. Die genau Vorgeschichte der Waffen ist heute unklar.

Für Angelstein selbst ist das Tragen der Hellebarde eine Familientradition. Bereits sein Opa war Hellebardenträger, auch sein Bruder gehört zur Gruppe. Er selbst übt die Aufgabe seit 30 Jahren aus, Gaßmann ist seit 27 Jahren dabei – und beide hoffen, noch einige Zeit die Hellebarde tragen zu können.

In der Vergangenheit waren die Hellebardenträger Handwerksmeister, die sich im Kolpingverband engagierten. Das hat sich inzwischen geändert und nicht mehr jeder Hellebardenträger muss einen Meistertitel tragen. Eine andere Voraussetzung hat dagegen noch immer Bestand: Nur Männer dürfen die Hellebarde tragen. Auch er habe bereits die Frage gestellt, wann eine Frau im Gottesdienst eine Hellebarde tragen könne, sagt Angelstein. Eine Antwort darauf hat er bis jetzt nicht bekommen. "Vor Jahrzehnten hat man aber auch nicht gedacht, dass einmal Messdienerinnen am Altar stehen können", sagt er. Bis auf Weiteres seien aber nur Männer Hellebardenträger.

Detailaufnahme einer Hellebarde der Fuldaer Hellebardenträger im Dommuseum
Bild: ©katholisch.de/cbr

Alle zwölf Hellebarden haben aufwändige Gravuren – das Wappen des Fürstabts und Fürstbischofs und Fulda auf der einen und eine Inschrift auf der anderen Seite. Die lateinische Jahreszahl weist auf das Jahr 1766 hin.

Bei ihren Einsätzen haben sie eine einheitliche Kleidung: Einen schwarzen Anzug, eine weiße Fliege, weiße Handschuhe und einen Spitzhut. Dieser Hut wird den Trägern vom Domkapitel des Bistums Fulda gestellt, den Rest der Kleidung organisieren die Ehrenamtler selbst. Auch außerhalb Fuldas ist die Montur bereits zum Einsatz gekommen: Mit dem damaligen Domdechanten Werner Kathrein reiste die Gruppe nach Rom und nahm auch an einer Audienz mit Papst Franziskus teil. "Nur die Hellebarden durften wir nicht mitnehmen", erzählt Angelstein.

Ob Sie vor ihrem großen Auftritt aufgeregt sind? Die beiden Männer schütteln den Kopf. Dafür sei die Erfahrung als Hellebardenträger nach Jahrzehnten zu groß. Und so werden sie auch diesmal die Bischöfe routiniert bei ihrer Schlussvesper begleiten – bis sie die Hellebarden nach dem Gottesdienst wieder im Dommuseum abgeben müssen.

Von Christoph Brüwer