"Die Kirche ist Frau" – wider die Vereindeutigung theologischer Bilder
Papst Franziskus hat es wieder gesagt: "Die Kirche ist Frau". Diese Formulierung ist gelegentlich als Lob gemeint, wenn er in den Beiträgen von Frauen ein Reden der Kirche selbst erkennen will (so geschehen beim Vatikanischen Gipfel gegen Missbrauch im Februar 2019). Häufiger reagiert der Papst mit dieser Formulierung jedoch auf Kritik an der Rolle von Frauen in der römisch-katholischen Kirche, insbesondere auf Kritik an der Nichtzulassung zu den Weiheämtern. Genau dies hatten Angehörige der Katholischen Universität Louvain-la-Neuve in einem Brief getan, der während des Papstbesuches am 28. September 2024 verlesen wurde. Meist, und auch diesmal, folgt mit Hinweis auf die Rolle Mariens in der Heilsgeschichte ein zweiter Satz: "Deshalb ist die Frau wichtiger als der Mann."
In Louvain-la-Neuve und auch auf der Pressekonferenz während des Rückflugs nach Rom war die Aussage von Papst Franziskus tatsächlich komplexer: "Die Kirche ist Frau, sie ist die Braut Jesu." Der Papst greift mit diesem Bild des Bräutigams Christus und der Kirche als Braut biblische und theologische Traditionen auf, die einerseits die Liebe und Treue Christi betonen, andererseits die Hoffnung der Kirche auf Vollendung. Origenes, der in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts lebte, hat in seinem einflussreichen Kommentar zum alttestamentlichen Hohelied sich verschränkende Deutungslinien dieses Bildes entfaltet: Christus ist der Bräutigam, die Braut ist die Kirche und sie ist die Seele des gläubigen Menschen – selbstverständlich unabhängig vom biologischen Geschlecht der Person.
Gefahren der Braut-Mystik
Ab dem 12. Jahrhundert haben Autoren und Autorinnen wie Bernhard von Clairvaux, Hadewijch oder Mechthild von Magdeburg in dieser Tradition eine Brautmystik entwickelt, die durchaus erotische Bezüge hat. Die Seele bleibt dabei keineswegs passiv, sondern wirbt als "minnende Seele" um den Bräutigam Christus. Heute wissen wir auch um die Gefahren dieser Braut- und Liebesmystik, die immer wieder als Anbahnungsszenario für den sexuellen Missbrauch insbesondere an erwachsenen Frauen begegnet. Mehr als ein klerikaler Täter hat der Betroffenen versprochen, ihr "die Liebe Christi zu zeigen" und durch performative Gesten klar gemacht, dass er trotz des sexuellen Missbrauchs als Kleriker bleibend Christus repräsentiert.
Ich selbst habe mich intensiv mit der Theologie des Mittelalters beschäftigt und schätze das Denken in Bildern und Allegorien. Immer ist klar: Kein Bild – von Gott, von der Kirche, vom Menschen – ist als dogmatische Festlegung gedacht, immer wird auch die Unähnlichkeit zwischen Bild und der bezeichneten Wirklichkeit einkalkuliert. Konkret: Bilder sind nie eindeutig, und wir sind immer auf eine Vielzahl von Bildern angewiesen, die sich durchaus widersprechen können. So "ist" die Kirche auch Leib Christi, Mutter, Lehrerin und vieles mehr. Es braucht die Vielzahl der Bilder, um zu einer angemessenen theologischen Aussage zu gelangen; jede Vereindeutigung in einem einzigen Bild ist gefährlich.
Eine Zweites: Es ist ausgesprochen ambivalent, aus Bildern konkrete Normen abzuleiten. Nach mittelalterlicher Auffassung war ein Bischof mit seiner Ortskirche gleichsam verheiratet; ein Wechsel des Bistums kam einem Ehebruch gleich. Im Jahr 897 wurde diese Anklage auf der absurd inszenierten Leichensynode gegen den toten Papst Formosus vorgebracht, der Erzbischof von Porto gewesen war, bevor er zum Papst gewählt und damit Bischof von Rom wurde. Heute ist diese Vorstellung nicht mehr wirkmächtig, doch die Rede von der Kirche als Braut Christi steht nun im Hintergrund der diskriminierenden Norm, dass Kandidaten "mit tiefsitzenden homosexuellen Tendenzen" nicht in Priesterseminare aufgenommen werden sollen. Priester repräsentieren in der Eucharistiefeier übrigens sowohl Christus als auch die Kirche. Repräsentation ist also nicht notwendig an das biologische Geschlecht gebunden.
Dynamik der Beziehung schwingt nicht mit
Zurück zu Papst Franziskus. "Die Kirche ist Frau" ist eine Aussage, die sich nur bedingt auf die theologische Tradition berufen kann, weil der Papst sie an das biologische Geschlecht jener, die die Kirche repräsentieren, zu knüpfen scheint, und diese Repräsentation konkreten Individuen zuschreibt. "Ich als Mann kann die Kirche nicht repräsentieren, denn Frauen sind doch wesentlich anders als Männer", habe ich vor kurzem von einem Gemeindemitglied gehört, das ansonsten vermutlich nur wenig mit Papst Franziskus anfangen kann. Problematisch ist, dass bei Papst Franziskus die immer größere Unähnlichkeit und die notwendige Pluralität von Bildern nicht mitschwingen. "Die Kirche ist Frau" zielt bei ihm auf das Wesen der Kirche und das Wesen der Frau ab, weniger auf die Dynamik der Beziehung zwischen Braut und Bräutigam, die in den Texten der Bibel und der theologischen Tradition so wichtig ist.
Genau zu diesem Wesen "der Frau" hat sich Franziskus auch in Louvain-la-Neuve geäußert: „Die Frau ist fruchtbare Aufnahme, Fürsorge, lebendige Hingabe.“ Wie immer, so hat er es auch diesmal eine Beschreibung dessen unterlassen, was "der Mann" ist. Sind Männer der Normalfall des Menschseins und Frauen die "anderen Wesen", wie es Theresia Heimerl pointiert formuliert? Sollte Männern wirklich weniger Fürsorge oder Hingabe zugeschrieben werden? Was wie ein Lob für Frauen klingen soll, begründet seltsamerweise den Ausschluss von Frauen vom Amt – ist Hingabe nicht gerade das, was wir mit dem Leben und Sterben Jesu verbinden?
"Die Kirche ist Frau" hat Papst Franziskus auch vor der Internationalen Theologischen Kommission im November 2023 betont. "Smaschilizzare la Chiesa", "die Kirche entmännlichen", hat er ihren Mitgliedern als Aufgabe mitgegeben. Der Verzicht auf Geschlechterstereotype in der Rede von Männern über die Kirche und "die Frau" wäre zumindest ein erster Anfang. Grundsätzlich müssen Frauen in der Kirche für sich selbst sprechen und selbst entscheiden dürften. Genau dies hat sich schon jetzt als Testfall der gegenwärtig in Rom versammelten Weltsynode herauskristallisiert.