Thema Frauen sei Querschnittsthema der gesamten Synode

Bischof Gmür: Brauchen nach der Weltsynode einen klaren Fahrplan

Veröffentlicht am 18.10.2024 um 00:01 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Heute findet in Rom die Aussprache der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Weltsynode mit den Leitern der Studiengruppen statt. Der Schweizer Bischof Felix Gmür freut sich auf das Treffen. Im katholisch.de-Interview spricht er auch darüber, was aus seiner Sicht im Abschlussdokument stehen sollte.

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"Wir müssen dem Papst im Schlussdokument konkrete Vorschläge machen", fordert der Präsident der Schweizer Bischofskonfernez, Basels Bischof Felix Gmür. Im Interview spricht er darüber, welche Rolle die Dikussion über die Frauenweihe in den Gesprächen bei der Weltsynode tatsächlich einnimmt und wie Synodenteilnehmerinnen und -teilnehmer aus anderen Ländern reagieren, wenn er aus seinem Heimatland berichtet. 

Frage: Bischof Gmür, wir befinden uns schon in der zweiten Halbzeit der Weltsynode. Welche Veränderungen nehmen Sie zwischen der jetzigen zweiten Sitzungsperiode und der ersten im vergangenen Jahr wahr?

Gmür: Zum einen kennen wir Teilnehmer uns jetzt. Das heißt, dass wir uns vertrauen können und wissen, wie man miteinander umgeht. Viele haben sich gefreut, einander wiederzusehen. Das lockert die Stimmung auf, die Vertrautheit ist wichtig und dient dem Austausch. Zum anderen wissen und spüren wir alle, dass etwas bei der Synode herauskommen muss. Im vergangenen Jahr mussten wir uns noch ein bisschen an das Thema herantasten. Jetzt sind alle in einer Erwartungshaltung: Es muss etwas Konkretes dabei zustandekommen und wir müssen dem Papst im Schlussdokument konkrete Vorschläge machen.

Frage: Gerade medial steht hierzulande das Thema Frauenweihe im Fokus. Welche Rolle spielt das Thema denn tatsächlich in den Gesprächen bei der Synode?

Gmür: Das Thema Frauen ist ein Querschnittsthema, das in jedem Kapitel des Instrumentum laboris vorkommt. Da wir die Kapitel des Arbeitsdokuments nacheinander behandeln, kommt das Thema also immer wieder auf. Das Thema Frauen kommt auch in fast allen Rückmeldungen zur Weltsynode vor. Dabei geht es in erster Linie darum, alle Menschen und besonders Frauen in kirchlichen Entscheidungsprozessen einzubeziehen. Die Frage nach der Frauenweihe ist dabei ein konkreter Spezialfall.

Frage: Was meinen Sie damit?

Gmür: Bei vielen Vertretern aus anderen Kulturen spüre ich, dass sie vor anderen Herausforderungen stehen und vielleicht nur sehr wenige Frauen in ihren Ortskirchen haben, die theologisch ausgebildet sind. Aber das Thema steht auf der Agenda der Synode und mit der Einrichtung der Arbeitsgruppe 5 wurde die Frage der Diakonenweihe für Frauen ausgelagert. Der Knackpunkt ist dabei, ob das wirklich eine Glaubensfrage ist und wenn ja, was das bedeutet. Das ist ein außerordentlich wichtiges Thema, vor allem für unsere mitteleuropäischen Kulturen.

„Es kann ja nicht sein, dass nur Männer darüber entscheiden oder beraten, ob Frauen zu Diakoninnen geweiht werden oder nicht. Auch Frauen müssen dabei einbezogen werden.“

—  Zitat: Bischof Felix Gmür

Frage: Am Freitag wird es eine Aussprache mit den Arbeitsgruppen geben, die relativ kurzfristig anberaumt wurde und erst gar nicht auf der Tagesordnung stand. Sie wurde mehr oder weniger von der Synode gefordert …

Gmür: Zunächst einmal möchte ich betonen, dass das Synodenbüro wirklich flexibel ist und auf Vorschläge aus der Synode sehr schnell reagiert. Da geht es um kleine Dinge, wie die Frage, ob man fünf oder zehn Minuten Zeit für den Austausch hat, aber auch um die Rückmeldung der Synode, dass es ein Feedback der Arbeitsgruppen in die Synode hinein braucht, weil die Themen der Arbeitsgruppen ja aus ihr heraus geäußert wurden. Diese Flexibilität finde ich lobenswert und wirklich wunderbar.

Frage: Wie blicken Sie denn auf diese Aussprache – gerade im Hinblick auf die Arbeitsgruppe zu Frauen?

Gmür: Vor allem bei der Arbeitsgruppe 5 weiß ja niemand so genau, was dort passiert. Deswegen wird das ein sehr spannender Austausch. Es ist wichtig, dass die Synodalen wissen, wozu diese Gruppe arbeitet und dass die Eingaben, die dort gemacht wurden, aufgegriffen und auch Frauen selbst einbezogen werden. Es kann ja nicht sein, dass nur Männer darüber entscheiden oder beraten, ob Frauen zu Diakoninnen geweiht werden oder nicht. Auch Frauen müssen dabei einbezogen werden. Es wird auf jeden Fall ein sehr spannendes Treffen, auf das ich mich schon freue.

Frage: Rechnen Sie denn mit konkreten Ergebnissen? Die Studiengruppen müssen erst im kommenden Jahr Papst Franziskus persönlich ihre Ergebnisse vorlegen.

Gmür: Allzu viel werden sie uns jetzt wohl nicht sagen können, weil sie noch nicht so viel gearbeitet haben. Die Frage, die für alle Studiengruppen gilt: Werden sie einfach im nächsten Sommer dem Papst rapportieren, oder wird es dann ein Feedback für die Synode oder einen Ausschuss der Synode geben? Ein dritter Teil der Synode ist jedenfalls nicht vorstellbar, das habe ich von allen gehört. Wir sind gerade also in einer sehr spannenden Phase.

Bischof Felix Gmür und Papst Franziskus geben sich lächelnd die Hand
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliaini

Bereits im ersten Apostolischen Schreiben von Papst Franziskus, "Evangelii gaudium", sei die Rede von "heilsamer Dezentralisierung", sagt Bischof Felix Gmür. "Was bedeutet das – nicht nur kirchenrechtlich, sondern auch dogmatisch und praktisch?"

Frage: Ihre Schweizer Mitsynodale Helena Jeppesen-Spuhler hat in einem Interview gesagt, dass allein die Tatsache, dass diese Aussprache stattfindet, schon einen Kulturwandel an der Kurie zeigt. Nehmen Sie auch wahr, dass es hier ein Umdenken gibt?

Gmür: Ja, es gibt ein Umdenken und – wenn man so will – sogar ein Um-Handeln. Das Synodenbüro nimmt tatsächlich die Vorschläge auf und verhandelt mit den Dikasterien. Man sieht schon, dass hier Synodalität als gemeinsames Vorwärtsgehen praktiziert wird. Die Arbeitsgruppen arbeiten also nicht mehr autonom und berichten am Ende nur dem Papst, sondern auch die Synodalen werden einbezogen. Das ist ein Kulturwandel, den ich sehr begrüße.

Frage: Gerade in der katholischen Kirche der Schweiz sind ja schon viele Dinge umgesetzt und möglich, die in anderen Ländern mehr oder weniger undenkbar scheinen. Wie reagieren andere Synodale, wenn sie aus ihrer Heimat berichten?

Gmür: Die sind vor allem erstmal einfach interessiert und hören zu. Manche sind dann tatsächlich überrascht, dass bestimmte Dinge überhaupt möglich sind, dass wir beispielsweise wie in Deutschland Pfarrgemeinderäte oder diözesane Pastoralräte haben. An vielen Orten gibt es die gar nicht. Da kommen dann Fragen auf, wie das funktioniert und ob ich damit als Bischof nicht große Einschränkungen habe. Das sind Dinge, in denen wir voneinander lernen können, weil wir sehen, dass es nicht überall auf der Welt gleich läuft. Dieser Austausch ist hilfreich und notwendig.

Frage: Inwiefern?

Gmür: Der Austausch garantiert, dass wir zusammenbleiben. Immer wieder wird ja die Gefahr der Kirchenspaltung heraufbeschworen. Aber solange man sich austauscht, miteinander spricht, voneinander lernen will und wirklich hört, wie es im Instrumentum laboris immer wieder betont wird, so lange ist keine Gefahr der Spaltung da.

Frage: In der kommenden Woche wird am Abschlussdokument der Synode gearbeitet. Welcher Punkt muss aus Ihrer Sicht unbedingt als Ergebnis der Synode im Dokument stehen?

Gmür: Wünschenswert wäre, dass man die nächsten Schritte definiert und kennt. Es kann nicht sein, dass am Ende der kommenden Woche alles fertig ist und man irgendwann dem Papst einen Vorschlag unterbreitet. Es muss einen Fahrplan geben, wie die nächsten Schritte ablaufen und wie beispielsweise die Rückläufe aus den Arbeitsgruppen eingebunden werden. Im Apostolischen Schreiben "Evangelii gaudium" (2013) von Papst Franziskus ist zum Beispiel die Rede von heilsamer Dezentralisierung. Was bedeutet das – nicht nur kirchenrechtlich, sondern auch dogmatisch und praktisch? Auch Themen wie die Einbindung von Frauen müssen in diese Schritte mit hinein. Der Fahrplan muss klar sein, weil er uns davor bewahrt, dass etwas "schubladisiert" wird.

Von Christoph Brüwer