Gloria diskutierte im ZDF-Format "Against all Gods" mit anderen Weltreligionen

Katholikin über TV-Serie: Hätte konservative Sicht gerne mehr gezeigt

Veröffentlicht am 07.11.2024 um 00:01 Uhr – Von Carina Adams – Lesedauer: 

Bonn ‐ Sechs Tage lang lebte Gloria in der "Glaubens-WG" des ZDF. Hier diskutierten die Vertreter der fünf großen Weltreligionen und eine Atheistin miteinander. Im katholisch.de-Interview spricht die Katholikin über Vorurteile, Diskussionen über die LGBTQ+-Community und ihre Kritik an der Sendung.

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Sechs Tage lang lebte Katholikin Gloria mit fünf weiteren jungen Erwachsenen in der "Glaubens-WG". Das Ziel: herausfinden, wie ein Miteinander gelingen kann. Denn mit ihr ziehen ein Jude, ein Muslim, eine Hinduistin, ein Buddhist und eine Nichtgläubige ein. Zu sehen sind ihre Gespräche über Gott und die Welt in der ZDF-Sendung "Against all Gods". Im katholisch.de-Interview spricht sie über die Konfrontation mit anderen religiösen Gewohnheiten und konservative und liberale Lager unter den Mitbewohnern.

Frage: Als Katholikin sind Sie als Repräsentantin für das Christentum in die Glaubens-WG eingezogen. Warum haben Sie bei dem Format mitgemacht?

Gloria: Ich wollte erstmal völlig offen in die WG gehen, mich mit anderen Weltreligionen und Sichtweisen befassen. Ich wollte aber auch von Anfang an authentisch bleiben und nicht den Anspruch erheben, dass ich eine ganze Region vertreten könnte. Das kann – glaube ich – niemand. (lacht) Ich wollte außerdem eine neue Perspektive für das Katholische aufzeigen: Medial wird die Kirche oft sehr plakativ dargestellt. Das schmerzt mich. Für mich war das hier eine Chance, eine andere Sichtweise zu bieten.

Frage: In der ersten Folge bei der Begrüßung hat Omar (Anm. d. Red.: Islam) aus religiösen Gründen die angebotene Umarmung abgelehnt und auch, Ihnen die Hand zu geben. Wie hat sich das angefühlt?

Gloria: Ich war generell sehr nervös in der Situation, weil ich realisiert habe: Ich ziehe jetzt hier wirklich ein und kenne noch keine einzige Person. Obendrauf kommt dann noch diese Kameraerfahrung dazu. Das war alles eine sehr angespannte Situation. Und dann war es schon erstmal so ein: Oh, jetzt bin ich ein bisschen vor den Kopf gestoßen. Das will ich gar nicht verleugnen. Andererseits hoffe ich, ist es auch rübergekommen, dass ich das so annehmen konnte. Ich fand das dann auch völlig in Ordnung, weil ich am Rande schon einmal mitbekommen habe, dass vor allem verheiratete Moslems andere Frauen nicht berühren. Das war dann wieder ein Punkt, an dem ich dazugelernt habe.

Frage: Allerdings hat Omar in einer späteren Folge der Journalistin Sabine Rückert dann doch die Hand gegeben ...

Gloria: Ja, genau. Da hat auch Josi (Anm. d. Red.: Atheismus) direkt nachgefragt. Omar hat dann erklärt, dass es Situationen gibt, in denen er nicht die Möglichkeit hat, es zu erklären, weil alles so schnell geht. Und Frau Rückert ist ja auch eine sehr selbstbewusste Person, die auf einen zugeht. Vielleicht hat er da einfach nicht die Chance gehabt, das so zu erklären.

Die Mitglieder der Glaubens-WG lachend auf einer Couch
Bild: ©ZDF Presseportal/FINNEGAN KOICHI GODENSCHWEGER

Sechs Tage lang lebten und diskutierten diese jungen Erwachsenen miteinander. Das war nicht immer einfach.

Frage: Von der ersten Folge an, wurde immer wieder das Thema LGBTQ+ diskutiert. Wie haben Sie den Dialog darüber empfunden?

Gloria: Auf jeden Fall sehr offen. Es gab keinen Augenblick, in dem ich das Gefühl hatte, dass da jemand ausgegrenzt oder nicht so angenommen wurde, wie er oder sie ist. Es war eher davon geprägt, dass man viel dazugelernt hat. Gerade die Frage in der ersten Episode, ob man das von Gott gegebene Geschlecht ändern sollte. Das war eine Schlüsselszene würde ich sagen. Da haben einige Aussagen Josi, die eine Transfrau ist, verletzt. Das wurde auch noch nach den Drehzeiten weiter diskutiert.

Frage: Bei einer späteren Diskussion wurde Ihnen vorgeworfen, dass Sie durch Ihre Haltung, die Ehe sei nur für Mann und Frau, diskriminieren. Wieso haben Sie diesen Vorwurf angenommen

Gloria: Mir ist es wichtig, dass Menschen gesehen werden. Und auch, dass man sich selbst nicht mit seiner eigenen Meinung zu sehr in den Vordergrund stellt oder darauf pocht, nur die eigene Meinung sei richtig. Was am Ende des Tages richtig ist, wissen wir auch nicht. Und jeder hat eine andere Lebensrealität. Ich finde es generell traurig, wenn Menschen in solchen Situationen dann einen Riegel vorschieben und sich persönlich angegriffen fühlen. Das war eine Situation, in der ich selbst gemerkt habe: "Okay, vielleicht muss ich das einfach annehmen." Ich möchte nicht diskriminieren – vielleicht tue ich es durch solche Aussagen trotzdem. Ich möchte vor allem dazulernen und versuchen, in Zukunft so etwas sensibler zu erläutern. Zumal es das ist, was die katholische Kirche propagiert: Die Ehe ist Mann und Frau vorbehalten.

Frage: Und diese Meinung vertreten Sie weiterhin?

Gloria: Ja. Ich habe vor Kurzem selbst geheiratet und mich gemeinsam mit meinem Mann intensiv auf das Sakrament der Ehe vorbereitet. Es war etwas sehr Bedeutsames für uns beide. Ich bleibe bei der Meinung, dass das so in der Bibel steht: Die Ehe ist für Mann und Frau bestimmt. Deswegen wird es beim Sakrament in der katholischen Kirche so umgesetzt. Aber ich würde mir persönlich schon wünschen, dass homosexuelle Paare zumindest den Segen für ihre Beziehung bekommen können, wenn das Sakrament ihnen verschlossen bleibt. Dass sie dann zumindest auf diese Weise wissen, dass ihre Beziehung gesegnet und von Gott vielleicht auch trotzdem so gewollt ist.

Frage: Das Ringen um solche komplexen Fragestellungen wird in den Zwischeninterviews der Sendung von den Mitgliedern der Glaubens-WG als sehr belastend beschrieben. Wie haben Sie solche Momente empfunden?

Gloria: Es war anstrengend, an die eigenen Grenzen zu kommen. Und wenn man merkt: So wie ich das gerade erkläre, kommt es vielleicht nicht so an, wie ich es meine. Natürlich geht einem die Diskussion oft auch nahe. Aber in solchen Momenten war es schön zu merken, dass man auch als Gruppe in dieser WG zusammenwächst. Ich möchte da beispielsweise Lars (Anm. d. Red.: Judentum) hervorheben, der mir in der vierten Episode sehr geholfen hat, als es um ein Zitat aus der Heiligen Schrift ging. Oder Omar, der mir auch oft geholfen hat, weil es sich ein bisschen herauskristallisiert hat, dass es ein eher konservativeres und ein eher liberales Lager gab.

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Frage: Wie würden Sie die WG-Mitglieder denn grundsätzlich einteilen?

Gloria: Das ist natürlich sehr vereinfacht. Ich hätte gesagt, dass Sagitha (Anm. d. Red.: Hinduismus), Omar und ich eher dem konservativen Lager angehören, wobei ich mich vielleicht noch mehr in der Mitte verorten würde, da ich auch durchaus liberale Sichtweisen vertrete. Lars ist – gerade wie er seine Religion praktiziert – eher liberaler eingestellt ist. Genauso wie Dharmasara (Anm. d. Red.: Buddhismus) und Josi.

Frage: Wenn Sie noch einmal auf die Serie zurückblicken: Was war für Sie der schönste Moment?

Gloria: Der schönste und emotionalste Moment war in der letzten Episode, als wir das Einstiegsspiel wiederholt haben. Wir sollten uns zu verschiedenen Themen noch einmal positionieren. Da gab es durchaus Situationen, in denen sich die Meinung aufgrund dieser Woche des Zusammenlebens geändert hat. Da gab es ein paar sehr rührende Momente und ich hatte mir im Vorfeld zwar vorgenommen: Ich weine nicht vor der Kamera – aber man kann sich immer viel vornehmen. (lacht)

Frage: Haben Sie eine der Fragen anders beantwortet?

Gloria: Ja. Es war der Satz: "Ich bedauere Menschen, die meine Religion nicht teilen." Zu dieser Aussage hatte ich mich im Vorfeld anders positioniert, da war ich noch hin- und hergerissen. Und da habe ich dann die Aussage geändert. Genauso als es um die Frage ging, ob Religion Menschen aus der LGBTQ+-Community diskriminiert. Da hatte ich mich beim ersten Mal auf "Nein" positioniert, aber später meine Meinung geändert.

Frage: Wie fühlt sich das an, wenn Sie die Sendung jetzt anschauen? Haben Sie das Gefühl, dass Sie angemessen dargestellt wurden?

Gloria: Das ist eine Frage, über die ich jetzt schon länger nachgedacht habe, seit ich die Sendung zum ersten Mal gesehen habe. Ich habe das Gefühl, dass die Regie und die Produktionsleitung aus einer atheistischen Brille auf das Ganze schauen und dadurch häufiger mal die atheistische Sichtweise in den Fokus gerückt ist. Das ist nur eine Mutmaßung, aber manchmal hätte ich mir einfach gewünscht, die religiös-konservativen Sichtweisen ein bisschen mehr zum Ausdruck bringen zu können. Einfach aus dem Grund, weil das häufig von der Gesellschaft belächelt wird. Und da hätte ich gerne gezeigt, dass es das auch bei jungen Menschen gibt. Das sind aber nur Kleinigkeiten. Grundsätzlich bin ich nach wie vor sehr stolz und dankbar ein Teil dieser Sendung gewesen sein zu dürfen!

(Anm.d.Red: Gloria möchte ihren vollständigen Namen aus Gründen des Persönlichkeitsrechtes nicht bekannt geben. Der Name ist der Redaktion bekannt.)

Von Carina Adams

Zur Serie

Die gesamte ZDF-Sendung "Against all Gods" ist bereits jetzt in der Mediathek veröffentlicht und abrufbar.