Standpunkt

Seht, wie sie miteinander streiten!

Veröffentlicht am 18.10.2024 um 00:01 Uhr – Von Werner Kleine – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bei der Weltsynode ging es richtig zur Sache: Die frage, wie zentral oder dezentral die Strukturen der Kirche sein sollen, sorgte für heftige Debatten. Gut so, kommentiert Werner Kleine: Endlich besinnt sich die Kirche auf ihre Anfänge und streitet miteinander!

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Endlich streiten sie wieder richtig. Bei der Weltsynode hat es eine deutliche Auseinandersetzung über theologische Grundsatzfragen gegeben. Halleluja! – möchte man da rufen. Endlich besinnt sich die Kirche auf ihre Anfänge und streitet miteinander. Die erste Synode, das Apostelkonzil, war schließlich alles andere als eine harmonische Veranstaltung. Es ging um Grundsätzliches: Darf man Gojim, Nichtjuden, Heiden einfach so taufen und in das Volk Gottes eingliedern, ohne dass sie vorher beschnitten wurden. Die Traditionalisten in der Jerusalemer Urgemeinde waren überzeugt, dass es der Beschneidung bedarf. Die Reformer in Antiochia hingegen sahen das anders. Aus der Tatsache, dass Jesus der Thora nach wie ein Gottverfluchter starb (vgl. Dtn 21,23) und doch von Gott auferweckt wurde, folgerte man, dass die Thora zwar nicht aufgehoben, ihre Einhaltung aber nicht mehr zwingend war. Paulus von Tharsus, ein Hauptvertreter der antiochenischen Theologie, bringt die theologische Innovation auf den Punkt: "Ich missachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben." (Gal 2,21)

Der Streit zwischen Bewahrern und Reformern auf dem Apostelkonzil wurde hart ausgetragen – aber eben auch schnell. Wer darauf bedacht ist, das Evangelium bis an die Enden der Welt zu verkünden, hat keine Zeit für ewig anwährende Stuhlkreise, die in nutzloser Redundanz zu keinen Ergebnisse führen. Die normative Kraft des Faktischen entschied schon damals: Selbst Petrus kann nicht verleugnen, dass das göttliche Heil sich nicht an irdische Regeln hält und bei dem heidnischen Hauptmann Cornelius eingekehrt ist. Der wird von Petrus ohne vorherige Beschneidung getauft (vgl. Apg 10,23-47) – eine Ausnahme, die schlussendlich zur Regel wurde.

Alles also schon einmal dagewesen. Wahrlich: Ohne den Streit auf dem Apostelkonzil von Jerusalem gäbe es die Kirche aus den Heiden, die wir nun halt sind, so nicht. Streitet endlich und entscheidet schnell. Der Auftrag Jesu, das Evangelium in der ganzen Welt der ganzen Schöpfung zu verkünden (Mk 16,15) duldet auch heute keinen Aufschub!

Von Werner Kleine

Der Autor

Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.