Kardinal Fernández: Kirche muss Stereotype über Frauen abbauen
Der vatikanische Glaubenspräfekt Kardinal Víctor Manuel Fernández hat die Kirche dazu aufgefordert, Stereotype über das Wesen der Frau abzubauen. Als Beispiel nannte Fernández am Donnerstag bei einem Treffen mit knapp 100 Teilnehmern der aktuellen Weltsynode Attribute wie eine besondere "Lieblichkeit" oder "Einfühlsamkeit". Solche Zuschreibungen seien wirkmächtig in der Kirche und müssten ein Ende haben.
Das Portal Vatican News veröffentlichte am Freitag einen Mitschnitt der Veranstaltung, in der Fernández die Arbeit der Studiengruppe zu kirchlichen Ämtern und Frauen vorstellte, die Papst Franziskus gemeinsam mit weiteren Arbeitsgruppen im März ins Leben gerufen hatte. Vor einer Woche hatte es im Rahmen der Weltsynode bereits ein Treffen zur Arbeit der Studiengruppe gegeben, das jedoch aufgrund der Abwesenheit von Fernández zu einem Eklat unter den Synodalen geführt hatte.
Auch ordentliche Berater von Glaubensdikasterium werden einbezogen
Fernández sagte weiter, dass diese Zuschreibungen über das Wesen der Frau darauf abzielten, den Mann als den Starken zu beschreiben, der entscheide und vorangehe. Studien zur Rolle der Frau in der Kirche müssten auch diese Aspekte untersuchen. So könnten theologische und kulturelle Probleme überwunden werden.
Laut Fernández beteiligen sich auch Frauen an den Vatikan-Beratungen zur weiblichen Rolle in der katholischen Kirche. Bei dem Treffen zählte er einige Namen weiblicher Konsultatoren seines Dikasteriums auf, darunter die Theologinnen Claudia Leal Luna, Nuria Calduch-Benages, Michelina Tenace, Benedetta Rossi und Sandra Mazzolini. Grundsätzlich beteilige sich an den Studien zu dieser Frage das gesamte Dikasterium, keine Gruppe aus fünf bis zehn Experten. Miteinbezogen würden auch die ordentlichen Mitglieder der Behörde. Darunter sind etwa der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer und Wiens Kardinal Christoph Schönborn.
Zur spezifischen Frage der Frauenrolle in der katholischen Kirche spiele zudem Kardinal Gianfranco Ghirlanda eine besondere Rolle – "obwohl er keine Frau ist", so Fernández. Der 82-jährige Italiener habe sich intensiv mit dem Unterschied zwischen Weihe und Leitungsgewalt auseinandergesetzt. Dies sei wichtig, wenn es um die mögliche Autorität von sogenannten Laien gehe.
Weiter kündigte Fernández an, dass die Ergebnisse von zwei Forschungsgruppen zum Frauendiakonat veröffentlicht werden sollen. Wann genau der Vatikan die bislang geheim gehaltene Forschung publizieren will, sagte der Kardinal jedoch nicht. Papst Franziskus hatte 2016 eine erste und 2020 eine zweite Gruppe von Theologen damit beauftragt, die Frage zu klären, ob es in früheren Jahrhunderten der Kirchengeschichte ein Diakoninnenamt gab und ob die katholische Kirche heute daran anknüpfen könne.
Etwa ein Achtel weibliche Synodenteilnehmerinnen
Die Weiheämter Diakon, Priester und Bischof sind in der katholischen Kirche seit über tausend Jahren Männern vorbehalten. In den ersten Jahrhunderten wurde das Diakonenamt noch anders aufgefasst als heute. Erst später wurde es zu einem Bestandteil des dreistufigen priesterlichen Weihesakraments. Seit einigen Jahrzehnten gibt es in lutherischen und anglikanischen Kirchen Frauen, die ordiniert werden, bis hin zum Bischofsamt. In Teilen der katholischen Kirche gibt es seit Ende des 20. Jahrhunderts ähnliche Bestrebungen, sie konzentrieren sich derzeit auf das Diakonenamt.
Derzeit beraten im Vatikan – als Teil eines 2021 vom Papst angestoßenen Reformprojekts – mehr als 360 Männer und Frauen aus allen Erdteilen über tiefreichende Reformen der katholischen Kirche. Darunter sind mehr als 270 Bischöfe. Etwa ein Achtel der Teilnehmer sind Frauen. (rom/KNA)