Fuldaer Missbrauchsprozess: Priester zu vier Jahren Haft verurteilt
Ein Priester aus dem Landkreis Fulda ist am Montag wegen vielfachen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zur vier Jahren Haft verurteilt worden. Damit folgte das Landgericht Fulda weitgehend der Staatsanwaltschaft. In 68 Fällen wurde der 43-jährige Priester schuldig gesprochen, drei Fälle wurden im Laufe des Verfahrens "aus prozessökonomischen Gründen eingestellt", wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mitteilte.
Das Gericht verurteilte den Priester in neun Fällen wegen teilweise schweren sexuellen Missbrauchs – von denen einzelne Fälle im Versuch geblieben sind – sowie in 59 Fällen wegen Herstellung, Verbreitung und Besitzes kinder- und jugendpornografisches Materials. Es ließ eine Revision gegen das Urteil zu, in dem Falle würde laut Staatsanwaltschaft der Bundesgerichtshof das Verfahren auf Rechtsfehler prüfen. Die Verteidigung kündigte Revision an.
Die Verteidigung hatte auf eine Bewährungsstrafe von höchstens zwei Jahren plädiert. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich zufrieden mit dem Urteil und mit der Begründung. "Das ist ein deutliches Signal an Täter, auch wenn der Missbrauch vermeintlich nur über Internet-Kommunikation erfolgte", betonte der Leitende Oberstaatsanwalt Benjamin Krause gegenüber KNA. Das Urteil unterstreiche die Gefahren, die kriminelle Erwachsene durch Nutzung von Webcams darstellen. "Es ist ein Teufelskreis: Immer wieder wird so neues Material erzeugt. Dieser Missbrauch wird hart bestraft, wie das Urteil zeigt", sagte Krause.
Bistum kündigt Schritte gegen Priester an
Der Priester hatte nach Ansicht des Gerichts in den Jahren 2021 und 2022 im Internet seine Opfer gezielt angesprochen. Sie konnten jedoch nicht identifiziert werden. Das Gericht habe das Material einzeln prüfen müssen. Anhand der Bilder und Videos sei von Kindern ab circa neun Jahren und von Jugendlichen als Betroffene auszugehen, so Oberstaatsanwalt Krause.
Das Bistum Fulda stellte kirchenrechtliche Schritte gegen den Priester in Aussicht. "Sobald das Urteil rechtskräftig ist, wird das Bistum Fulda auf dieser Grundlage das bereits eingeleitete kirchenrechtliche Verfahren vorantreiben", heißt es in einer auf der Bistumsseite veröffentlichten Erklärung. "Die Bistumsleitung drückt den Betroffenen ihr aufrichtiges Mitgefühl aus." Auch wenn in diesem Fall die Identität der Betroffenen bisher nicht habe ermittelt werden können, bleibe die Hoffnung, dass diese Kinder und Jugendlichen sowie ihre Familien Unterstützung fänden.
Der nun Verurteilte wurde nach Angaben des Bistums unmittelbar bei Bekanntwerden der Vorwürfe vom Dienst freigestellt. Darüber hinaus sei ihm auch die öffentliche Ausübung priesterlicher Dienste untersagt worden. Den Anstoß für Ermittlungen gegen den Priester gab im Mai 2022 ein Hinweis der US-Organisation National Center for Missing and Exploited Children (Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder). (tmg/KNA)
28.10., 13:13 Uhr: Ergänzt um weitere Informationen. 14:11 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme des Bistums Fulda.