"Viele Amerikaner haben Trump nicht gewählt"

Bischof Wilmer: Trump wird Präsident eines gespaltenen Landes

Veröffentlicht am 06.11.2024 um 19:00 Uhr – Lesedauer: 

Hildesheim ‐ Schafft es der künftige US-Präsident Trump sein Land zu einen? Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer hat Zweifel. Zugleich warnt er davor, sich in Ängste hineinzusteigern.

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Nach dem Wahlsieg Donald Trumps blickt der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer mit Sorge auf die Zukunft der USA und der internationalen Beziehungen. "Donald Trump hat gewonnen, aber er wird der Präsident eines gespaltenen Landes sein", sagte Wilmer am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Ich hoffe sehr, dass sich diese Spaltung nicht noch weiter verschärft", so der Geistliche, der eine Zeit lang in den USA gelebt hat. Trumps Sieg werde Konsequenzen haben für ein neues Verhältnis zwischen den USA und Deutschland, aber auch im Hinblick auf die Nato, den Krieg in der Ukraine, die Auseinandersetzung im Nahen Osten und weitere Teile dieser Welt.

Wilmer rief dazu auf, besonnen und lösungsorientiert zu reagieren. "Es bringt nichts, sich in Ängste hineinzusteigern. Es muss darum gehen, sich an den Tisch zu setzen und zu überlegen, wie wir in Deutschland praktisch die Herausforderungen angehen können, die vor uns liegen." Er hob zudem die Bedeutung der deutsch-amerikanischen Partnerschaft hervor. "Grundsätzlich muss es das Ziel deutscher Außenpolitik sein, die Westbindung weiterhin zu schätzen und aufrecht zu erhalten."

"Viele Amerikaner haben Trump nicht gewählt"

Auf die Frage, warum viele Deutsche offenbar das Wahlergebnis und die US-Amerikaner nicht verstehen, antwortete Wilmer: "Donald Trump hat die Wahl gewonnen, aber es gibt auch sehr viele Amerikanerinnen und Amerikaner, die ihn nicht gewählt haben. Ich würde nicht pauschal sagen, dass wir die Amerikanerinnen und Amerikaner nicht verstehen. Wahrscheinlich gibt es auch viele Menschen in Amerika, die nicht verstehen, was wir in Deutschland oder Europa tun." Es sei immer eine Frage der Perspektive und der Bereitschaft, sich auch über Grenzen hinweg verstehen zu wollen.Wilmer hat von 1997 bis 1998 als Lehrer in New Yorks multikulturell geprägtem Bezirk Bronx gearbeitet. "Die Realität dort war auch ganz anders als in einer deutschen Schule", so der Geistliche.

Auch evangelische Theologen reagierten auf den Wahlsieg Trumps. Die evangelische Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber sagte dem Portal evangelisch.de, sie frage sich, wieviel verlässliche internationale Zusammenarbeit mit den USA in Zukunft noch möglich sei: "Die Suche nach möglichen humanitären oder gar nach gerechten Lösungen für die Menschen in der Ukraine, im Nahen Osten oder am Horn von Afrika wird noch schwieriger werden." 

Bei der Frage nach den Ursachen für den erneuten Sieg Trumps sieht die evangelische Theologin und Expertin für Rassismus und Kirche, Sarah Vecera, eine Mitverantwortung der Kirchen. "Wenn man den Messias als weißen Mann darstellt, muss man sich nicht wundern, dass Menschen nach 2.000 Jahren glauben, dass sie nur von einem weißen Mann gerettet werden können", erklärte sie gegenüber der KNA. Auch eine Frauenfeindlichkeit der Kirchen trage dazu bei, dass viele Christen eine Frau nicht für fähig hielten. Diese Ansichten seien besonders unter rechtskonservativen Evangelikalen verbreitet. (mtr/KNA)