Insgesamt 377 Betroffene und 148 Täter bekannt

Missbrauch im Bistum Aachen: Bisher 3,5 Millionen Euro für Betroffene

Veröffentlicht am 17.11.2024 um 15:13 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Die Diözesen in Deutschland zahlen an die Betroffenen von Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter sogenannte Anerkennungsleistungen. Das Bistum Aachen hat nun bekanntgegeben, wie hoch die Gesamtsumme bislang ist.

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Das Bistum Aachen hat bislang rund 3,5 Millionen Euro an Betroffene sexuellen Missbrauchs durch Priester und andere kirchliche Mitarbeiter gezahlt. Die Zahlungen der sogenannten Anerkennungsleistungen seien an diejenigen erfolgt, deren Anträge von der Unabhängigen Kommission zur Anerkennung des Leids (UKA) auf Plausibilität geprüft wurden, teilte das Bistum am Sonntag mit. Auf einer Synodalversammlung mit Bischof Helmut Dieser wurde mitgeteilt, dass sich nach dem öffentlichen Aufruf vom 18. Oktober 2023 weitere 65 Betroffene gemeldet hätten und daraufhin 28 Anträge auf Anerkennung des Leids gestellt wurden.

Zum Stichtag 30. September 2024 sind dem Bistum Aachen nach eigenen Angaben insgesamt 377 Betroffene namentlich bekannt. 179 Erstanträge auf Anerkennung wurden seit der Einrichtung des Verfahrens durch die Deutsche Bischofskonferenz im Jahr 2011 bis zum 30. September 2024 beim Bistum Aachen gestellt. Davon wurden bislang insgesamt 144 Anträge beschieden. Dem Bistum Aachen sind nach eigenen Angaben 148 Täter, mutmaßliche Täter und Beschuldigte namentlich bekannt. Darunter befinden sich 134 Kleriker und eine Ordensschwester. 13 sind Nicht-Kleriker wie Erzieher, Hausmeister, Küster, Organisten, Religionslehrer oder Ehrenamtliche.

Dieser will Protestierenden Rede und Antwort stehen

Das Bistum hat die vom Landgericht Aachen vorgeschlagenen Vergleichssummen im Fall von zwei Klagen angenommen, wie es hieß. In einem Fall habe es hingegen "gute Gründe" gegeben, das Angebot abzulehnen. Das Bistum berief sich dabei auf die Verjährungsfrist. Eine für solche Fälle existierende Möglichkeit einer Mediation unter Mitwirkung des Aachener Gerichts konnte aufgrund von Personalmangel beim Gericht nicht angeboten werden. Am Montag wollen Betroffene in Aachen gegen die Verjährung solcher Missbrauchsfälle demonstrieren, wie der Betroffenenrat Aachen ankündigte. Bei dem Protest wolle Bischof Dieser Rede und Antwort stehen, so die Diözese.

Vor Gericht müsse jeder Einzelfall betrachtet werden, so Dieser, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Bei Rechtsgeschäften einschließlich Schmerzensgeldern über 100.000 Euro sei er als Bischof gehalten, die Voten von zwei Gremien zu berücksichtigen: des Vermögensrates und des Konsultorenkollegiums, das aus dem Domkapitel besteht.

Christof Wellens, Mitglied des Vermögensrates im Bistum Aachen, erklärte: "30 Jahre nach dem 18. Geburtstag des Klägers ist es das gute Recht des beklagten Bistums, sich auf Verjährung zu berufen." Dies diene dazu, das Bistum vor nicht mehr aufklärbaren Forderungen zu schützen. Die Kläger seien in einem höheren Alter und hätten ausreichend Zeit gehabt, ihre Forderungen rechtzeitig geltend zu machen. Verjährung gelte schon seit der Römerzeit als Instrument des Rechtsfriedens und werde von allen Institutionen in Europa und Deutschland anerkannt. (rom/epd/KNA)

17.11.24, 17 Uhr: ergänzt umd weitere Informationen.