Theologe Arnold: Kirche sollte nicht überall Brandmauern hochziehen
Der Theologe Thomas Arnold hat der Forderung des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck nach einem Kooperationsverbot mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) widersprochen. Er staune über eine solche Forderung, sagte Arnold am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion der katholischen Ackermann-Gemeinde im tschechischen Hejnice. Wörtlich sagte er weiter: "Wir sollten aufpassen als Kirche, überall Brandmauern hochzuziehen und Unvereinbarkeiten zu definieren." Ein Kooperationsverbot mit dem BSW halte er zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. Dafür seien sowohl die Strukturen als auch die Partei als solche noch "zu wabernd". Arnold ist Berater der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und ehemaliger Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen. Inzwischen arbeitet er im Leitungsstab des sächsischen Innenministeriums.
"Wenn wir als Kirche meinen, wir müssten selbst die Mitte definieren und dürften nur noch mit dieser reden, nehmen wir uns jede Möglichkeit, als Versöhner in diesem Land zu verbinden", mahnte Arnold. Ein Kooperationsverbot sei eine "harte Keule". "Soll denn etwa das BSW-Mitglied künftig auch nicht mehr im Pfarrgemeinderat sitzen? Das ist zum jetzigen Zeitpunkt zu viel des Guten." Zugleich betonte der Theologe, dass auch er der Meinung sei, dass das BSW ein autoritäres Staatsmodell verfolge, das kaderartig schon in der Partei seinen Niederschlag finde. "Ich stimme auch in den Inhalten mit dem BSW nicht überein." Er wünsche sich von der Kirche – und hier insbesondere von Sozialethikern und Gremien wie dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) – eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Positionen des BSW. "Das dürfte reichen, um zu zeigen, wessen Kind sie sind."
Overbeck attestiert BSW "Züge des Neo-Stalinismus"
Overbeck hatte in der vergangenen Woche bei einer Podiumsdiskussion unter dem Titel "Stehen die Brandmauern?" in der Mülheimer Bistumsakademie "Die Wolfsburg" seine ablehnende Haltung gegenüber extremistischen Parteien bekräftigt. Dabei sprach er sich unter anderem auch für ein Kooperationsverbot der Parteien der Mitte mit dem BSW aus. Dem Bündnis selbst attestierte der Bischof vor allem in den Führungsstrukturen "Züge des Neo-Stalinismus".
Nach der sächsischen Landtagswahl am 1. September hatte die CDU mit SPD und BSW Sondierungsgespräche über eine mögliche Koalition geführt, am 6. November waren die Gespräche jedoch ergebnislos abgebrochen worden. Das BSW erklärte danach, man habe sich bei der Friedensformel, der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen nicht einigen können. Der amtierende Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) machte dagegen BSW-Gründerin und -Namensgeberin Sahra Wagenknecht für das Scheitern verantwortlich. Der Politiker will nun versuchen, eine CDU/SPD-Minderheitsregierung zu bilden. Sollte der sächsische Landtag es bis Anfang Februar nicht schaffen, sich zu konstituieren und einen neuen Ministerpräsidenten zu wählen, müsste das Parlament laut Verfassung aufgelöst werden; dann wäre eine erneute Landtagswahl die Folge. (stz)