Standpunkt

Angela Merkel hat "gestanden"

Veröffentlicht am 28.11.2024 um 00:01 Uhr – Von Albrecht von Croy – Lesedauer: 

Bonn ‐ Immer weniger Politiker stehen öffentlich zu ihrem Glauben. Doch die langjährige Kanzlerin Angela Merkel zeige in ihren Erinnerungen an mehreren Stellen, dass sie aus einem gefestigten Glauben an Gott gehandelt hat, kommentiert Albrecht von Croy.

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Ist ja nicht einfacher geworden – das Verhältnis von Kirche und Politik. Ja, die Kirche hat einiges dazu getan, aber auch auf Seiten der Politik sind die konfessionell gebundenen und dazu stehenden Damen und Herren eher in der Minderheit. Wenn denn wahr ist, das Glaube verdampft, wenn man über ihn nicht (öffentlich) spricht (oder schreibt), liegt auch hier eine Erklärung. Wer den bibelfesten und feurigen Auftritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann auf der jüngsten ZdK-Vollversammlung erlebt hat, weiß, wovon hier die Schreibe geht.

Die langjährige Kanzlerin Merkel hat in ihren Erinnerungen "gestanden". Wenn sich auch angesichts der über 700 recht hölzern verfassten Seiten die Frage aufdrängt, ob ein professioneller schreiberischer Begleiter nicht hilfreich gewesen wäre, so zeigt das Buch doch eines sehr genau: Hier hat eine Politikerin aus einem gefestigten Glauben gehandelt und entschieden. Ihr berühmtester Satz "Wir schaffen das" auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 sei, so Merkel, Ausdruck einer ganz bestimmten Einstellung gewesen: "Man kann sie Gottvertrauen nennen, Zuversicht oder einfach die Entschlossenheit, Probleme zu lösen, mit Rückschlägen fertigzuwerden, Tiefpunkte zu überwinden und Neues zu gestalten." Bis in die letzten Tage war ihr Glaube ein zuverlässiger Partner. Für sie habe immer festgestanden, dass das letzte Lied bei ihrem Abschieds-Zapfenstreich "ein Kirchenlied sein muss". "Großer Gott, wir loben dich drückt die Demut vor Gottes Schöpfung wunderbar aus." Ein Bekenntnis über die Amtszeit hinaus!

Eine der unterhaltenderen Passagen in diesem Zusammenhang spielt bei einem Besuch im Vatikan vor dem Hamburger G20-Gipfel. Merkel fragte Papst Franziskus, wie er mit fundamental unterschiedlichen Meinungen in einer Gruppe von wichtigen Persönlichkeiten umgehen würde. "Er antwortete mir schnörkellos: 'Biegen, biegen, biegen, aber achten, dass es nicht bricht.'" Manch deutscher Bischof mag sich jetzt als Probant für diese Weisheit wiederfinden.

Von Albrecht von Croy

Der Autor

Albrecht von Croy ist Mitherausgeber von "theo – das katholische Magazin" und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.