Bistum Essen sucht nach Missbrauchsbetroffenen von Kardinal Hengsbach
Das Bistum Essen hat erneut Zeuginnen und Zeugen aufgerufen, sich bei Missbrauchsvorwürfen gegen den Essener Bischof und Kardinal Franz Hengsbach (1910-1991) zu melden. Die Weihnachtsausgabe des Bistumsmagazins "Bene" (Montag) enthält einen ganzseitigen Aufruf. Darin bittet das Bistum "alle Menschen, die sexualisierte Gewalt durch Hengsbach erleiden mussten, sich zu melden".
Auch an Aussagen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die den Geistlichen persönlich erlebt haben, bestehe Interesse. Das knapp 40-seitige Heft wird laut Bistumsangaben viermal im Jahr kostenlos an über 450.000 katholische Haushalte in der Region verschickt.
Das Bistum gab im Oktober bekannt, mit einer soziologisch-historischen Studie die Vorwürfe sexualisierter Gewalt gegen den früheren Essener Bischof wissenschaftlich aufzuarbeiten. Die Studie ist auf drei Jahre angelegt und kostet nach Angaben der Forscher 785.000 Euro. Abschlussergebnisse wollen sie im Herbst 2027 präsentieren. Vorher sollen bereits Zwischenergebnisse veröffentlicht werden.
Die Vorwürfe gegen Hengsbach
Die Bistümer Essen und Paderborn hatten 2023 zwei Missbrauchsvorwürfe gegen den von vielen verehrten und bis heute vor allem als Anwalt der Arbeiter und Bergleute im Ruhrgebiet populären Hengsbach bekannt gemacht. Sie beziehen sich auf die 1950er- und 1960er-Jahre, waren aber erst später gemeldet und zunächst für unplausibel erklärt worden. Bis Oktober sind laut Bistum sieben weitere Hinweise auf mögliche sexualisierte Gewalt beim Bistum Essen eingegangen.
Die Beschuldigungen beziehen sich zum einen auf Hengsbachs Amtszeit als erster Bischof des damals neu gegründeten Ruhrbistums Essen (1958-1990), zum anderen auf die Zeit davor als Priester und Weihbischof im Erzbistum Paderborn (bis 1958). Hengsbach hatte darüber hinaus viele weitere wichtige Rollen in der katholischen Kirche inne: Er war Militärbischof (1961-1978), Generalsekretär und -assistent im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK, 1947-1968) und Vorsitzender des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat.
Alle fünf Institutionen haben die Studie gemeinsam in Auftrag gegeben. Beauftragt wurden das Institut für Praxisforschung und Projektberatung in München und die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg. Beide waren schon an mehreren kirchlichen Missbrauchsstudien beteiligt. Schon im Oktober rief das Bistum alle Menschen auf, die selbst sexualisierte Gewalt durch Hengsbach erlebt haben, sich zu melden. (KNA)
Kontaktdaten für Betroffene und Zeugen
- E-Mail: aufarbeitung@ipp-muenchen.de
- Telefon: 089-54359770
- Per Post: IPP München, Ringseisstraße 8, 80337 München