Priester Dillinger missbrauchte "mindestens 20 Personen"
Gegen den 2022 gestorbenen Priester Edmund Dillinger aus dem Bistum Trier wird ein neuer Missbrauchsvorwurf erhoben. Ein weiterer Betroffener hat sich gemeldet, wie aus dem am Mittwoch vorgestellten dritten Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier hervorgeht.
Darin heißt es, Dillinger habe in der Zeit von 1961 bis 2018 "mindestens 20 Personen" in verschiedenen Schweregraden sexuell missbraucht. Bislang waren die beiden von der Kommission beauftragten Sonderermittler davon ausgegangen, dass er in diesem Zeitraum mindestens 19 Personen sexuell missbraucht hatte. Ihr vorläufiger Abschlussbericht war im Mai veröffentlicht worden.
Neuer Fall aus 1960er-Jahren in Bitburg
Der nun nachgemeldete 20. Missbrauchsfall habe sich in den 1960er-Jahren in Bitburg ereignet, schreiben die beiden ehemaligen Staatsanwälte Jürgen Brauer und Ingo Hromada. Laut einem SWR-Bericht (Mittwoch) und einem früheren Bericht des "Trierischen Volksfreund" war der betroffene Mann in den 1960er-Jahren als Schüler in Bitburg von Dillinger unsittlich berührt worden. Der Geistliche war ab Juli 1965 Kaplan in der Bitburger Pfarrei Sankt Peter. Dillinger habe dem damaligen Grundschüler während des Religionsunterrichts mehrfach in die Hose gegriffen. "Na, ist er dir auch an die Stange gegangen?", sei der Betroffene anschließend von Mitschülern gefragt worden, berichtete er demnach den beiden Sonderermittlern.
Dillinger starb im November 2022 im Alter von 87 Jahren. Er war Priester in Kirchengemeinden im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Die Sonderermittler lasten ihm nicht nur sexuellen Missbrauch in nunmehr 20 Fällen an. "Ferner waren sehr viele, nach ihrer Anzahl aber nicht annähernd zu beziffernde Personen von sexuell motiviertem Verhalten Dillingers betroffen, indem sie in sexualisierten Posen fotografiert worden waren, Berührungen in allen Körperregionen ertragen oder Annäherungsversuche abwehren mussten." In Dillingers Besitz wurden nach seinem Tod tausende Fotos gefunden – darunter auch strafrechtlich relevante jugendpornografische Aufnahmen.
Verbleib im kirchlichen Dienst "kaum zu begreifen"
Vor dem Hintergrund der Recherchen ist aus Sicht der Aufarbeitungskommission "kaum zu begreifen, dass eine Person wie Dillinger trotz allen Wissens über seine Übergriffigkeiten und Missbrauchstaten über Jahrzehnte im Dienst der Kirche verbleiben konnte". Weiter heißt es in dem Bericht: "Die Tatenlosigkeit und das Wegschauen von kirchlichen Verantwortlichen wertet die Unabhängige Aufarbeitungskommission als bewusste Vertuschung, die zuvörderst dem Schutz des guten Namens der Kirche und des Bistums diente und die die Interessen der Opfer gröblich vernachlässigte."
Der dritte Zwischenbericht legt nun Ergebnisse der Ermittlungen bis Oktober 2024 dar, wie der Kommissionsvorsitzende und Staatsrechtler Gerhard Robbers, erläuterte, der von 2014 bis 2016 rheinland-pfälzischer Justizminister war. Ende April 2025 soll der Abschlussbericht erscheinen. (KNA)