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Diese Kirchenpersönlichkeiten sind 2024 gestorben

Veröffentlicht am 29.12.2024 um 12:00 Uhr – Von Christoph Brüwer – Lesedauer: 

Bonn ‐ Katholikentag, Weltsynode, Bischofsweihen, Heiliges Jahr – für die Kirche war 2024 ein ereignisreiches Jahr. Dabei kann schnell untergehen, dass die Kirche in diesem Jahr auch von einigen bekannten Persönlichkeiten Abschied nehmen musste. Katholisch.de erinnert an sie.

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Als Bonner Stadtdechant war Wolfgang Picken auch bundesweit bekannt. 2019 erhielt er sogar das Bundesverdienstkreuz für seinen Einsatz für das Gemeinwohl in Bonn. Außerdem war er Mitglied der Synodalversammlung – gab sein Mandat aber zurück, weil ihm nach eigenen Worten die Offenheit fehlte und die Einheit mit der Weltkirche zu leichtfertig aufs Spiel gesetzt werde. Auch scheute Picken sich nicht vor deutlichen Worten. So gehörte er zu den vier ranghohen Priestern im Erzbistum Köln, die die Kritik von Uni-Rektoren an der von Kardinal Rainer Maria Woelki geförderten Kölner Hochschule für Katholische Theologie begrüßten. "Wir können im Erzbistum Köln den Konflikt um die 'Woelki-Hochschule' nicht noch zusätzlich gebrauchen", betonte er. Überraschend starb er am 27. Januar "nach einer kurzen, aber hochaggressiven onkologischen Erkrankung".

"Primas Germaniae" trug er als Salzburger Erzbischof als Titel: Von 2003 bis Ende 2013 stand Alois Kothgasser an der Spitze der Erzdiözese. Seit 1997 hatte er zuvor die Diözese Innsbruck geleitet. Mit 18 Jahren trat der 1937 in der Steiermark geborene Kothgasser in den Salesianerorden ein. Er studierte unter anderem an der Päpstlichen Salesianer-Universität, wo er später auch lehrte. Bekannt war Kothgasser auch für seinen Einsatz für die Beziehungen zu den Ostkirchen. Er starb am 22. Februar im Alter von 86 Jahren. Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn würdigte ihn als "Vorbild an Sanftmut" sowie als "fröhlich” und “herzlich". Kothgasser sei "im besten Sinn des Wortes ein guter Hirt" gewesen. 

Er galt als "wandelnder Vermittlungsausschuss" – und seine Fähigkeiten wurden nicht nur in der CSU, sondern auch in der Kirche gebraucht. Von 2009 bis 2015 war Alois Glück Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK). Zuvor war der gelernte Landwirt und passionierte Bergsteiger 38 Jahre lang Mitglied des Bayerischen Landtags und fungierte sogar als dessen Präsident. Am 26. Februar starb Glück im Alter von 84 Jahren. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx würdigte ihn als "Brückenbauer" in Kirche und Gesellschaft. 

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken ist am 27.01.2024 gestorben
Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken ist am 27.01.2024 gestorben

Vom Kind aus dem Erzbistum Paderborn zum Kurienkardinal im Vatikan: Paul Josef Cordes hat in seinen fast 90 Lebensjahren einen steilen Weg absolviert. 1961 zum Priester geweiht, wirkte er ab 1976 als Weihbischof in seinem Heimat-Erzbistum. 1980 machte Papst Johannes Paul II. ihn zum Vizepräsidenten des Päpstlichen Rates für die Laien. 1995 wurde er zum Präsidenten des Päpstlichen Rates "Cor Unum" ernannt, 2007 folgte die Erhebung zum Kardinal. Besonders ein Vermächtnis von Cordes wirkt nach: Der Kurienkardinal war maßgeblich an der Entwicklung der Weltjugendtage beteiligt. 2010 nahm Papst Benedikt XVI. Cordes' Rücktrittsgesuch an. Bis zuletzt lebte der Kurienkardinal in Rom. Dort starb er am 15. März. "Paul Josef Cordes war das Aushängeschild für die weltweite Koordination und Unterstützung in der Katastrophenhilfe", würdigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, den Kardinal. "Er ging an die Orte, wohin keiner reisen möchte."

Sein Verlag würdigte ihn als "einen der wichtigen Repräsentanten einer glanzvollen Epoche der katholischen Theologie". Von 1976 bis 1987 war Gerhard Lohfink zehn Jahre lang Professor für Neues Testament am Fachbereich Katholische Theologie der Universität Tübingen. Auf eigenen Wunsch schied er aus dem Universitätsdienst aus, um in der "Katholischen Integrierten Gemeinde" (KIG) in München leben und arbeiten zu können. In der KIG sah Lohfink das Gemeindeideal Jesu verwirklicht. Zuletzt lebte Lohfink in Ebenhausen im Landkreis München. Am 2. April starb er im Alter von 89 Jahren. Und auch sein älterer Bruder, der renommierte Alttestamentler und Jesuit Norbert Lohfink verstarb in diesem Jahr. Von 1962 bis 1966 und von 1970 bis zu seiner Emeritierung 1996 hatte Lohfink den Lehrstuhl für Exegese des Alten Testaments an der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main inne. Dazwischen lehrte er am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom. Laut Angaben des Ordens umfasste die Publikationsliste Lohfinks fast 900 Bücher und Artikel. Darüber hinaus war er im jüdisch-christlichen Dialog engagiert und stand – wie sein Bruder Gerhard – der KIG nahe. Am 23. September starb er in München.

Bild: ©KNA

Notker Wolf (1940-2024).

Er zählte zu den prominentesten Ordensleuten Deutschlands und wurde unter anderem als "rockender Benediktiner" bekannt. Notker Wolf schrieb zahlreiche Bücher und trat immer wieder in Talkshows auf. Von 1977 bis 2000 war Wolf Erzabt von St. Ottilien und damit Abtpräses der Ottilianer-Kongregration der Missionsbenediktiner. Von 2000 bis 2016 stand er als Abtprimas sogar der Benediktinischen Konföderation vor, also dem weltweiten Zusammenschluss der benediktinischen Klöster. In seine Amtszeit fallen zahlreiche Neugründungen von Klöstern und sozialen Einrichtungen weltweit. Mit der Hard-Rock-Band "Feedback" trat er regelmäßig auf – unter anderem als Vorgruppe zu "Deep Purple". Auf der Rückreise von Italien erlag der 83-Jährige am 2. April einem Herzinfarkt.

Als konservative Reizfigur sorgte er für tiefe Gräben unter den Gläubigen in seinem Bistum Chur. Von 2007 bis 2019 war Vitus Huonder Bischof der Diözese und sorgte als Vertreter des konservativen Kirchenflügels mit kontroversen Vorstößen zu Sexuallehre, Kirchenverfassung und Lebensschutz immer wieder für Aufsehen. Nach seiner Emeritierung 2019 lebte er in einem Institut der Priesterbruderschaft St. Pius X. im schweizerischen Wang (Kanton St. Gallen) und trat öffentlich nur noch selten auf. Am 3. April starb er dort im Alter von 81 Jahren. Auf eigenen Wunsch wurde Huonder nicht in Chur, sondern in der Nähe des Gründers der Piusbruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, bestattet. Anlässlich seines Todes forderte sein Nachfolger, der Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain, mehr Dialog zwischen konträren Standpunkten in der Kirche. "In der katholischen Kirche gibt es Platz für alle."

In seinem Leben habe es Licht um Schatten gegeben, sagte der emeritierte Mainzer Weihbischof Franziskus Eisenbach über sich selbst. 1943 in Oberschlesien geboren, wurde Eisenbach nach seinen Kaplansjahren Sekretär des Mainzer Kardinals Hermann Volk. 1988 wurde er zum Weihbischof ernannt. 2002 wurde sein auf Bitten Roms eingereichtes Rücktrittsgesuch angenommen. Eine Frau warf ihm vor, an ihr unerlaubt einen Exorzismus und sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Staatliche und kirchliche Ermittlungen sahen jedoch keinen Tatverdacht. Seine letzten Jahre verbrachte er als Pfarrer in Bad Wimpfen.  Am 29. Mai starb Eisenbach im Alter von 81 Jahren. 

Bild: ©epd-bild/Paul-Philipp Braun

Friedrich Schorlemmer (1944-2024).

Seine "Theologie der Hoffnung" (1964) wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und hat Theologen auf der ganzen Welt geprägt. "Er sprach nicht nur über die Hoffnung, er war eine Hoffnung für die Theologie, die sein Leben geprägt hat", schrieb Bischof Georg Bätzing über den evangelischen Theologen Jürgen Moltmann nach dessen Tod am 3. Juni. Von 1953 bis 1957 war Moltmann Pastor der kleinen Gemeinde Wasserhorst in Bremen und auch Studentenpfarrer. Später lehrte er an der kirchlichen Hochschule Wuppertal und der Universität Bonn. Von 1967 bis zu seiner Emeritierung 1994 lehrte er systematische Theologie und Sozialethik an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Moltmann wurde 98 Jahre alt. 

Er war von 1989 bis 2005 Vorsitzender der "Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie" und wirkte am "Marienlexikon" mit. Der 1936 geborene Anton Ziegenaus promovierte in Theologie und Philosophie. Von 1977 bis 2004 wirkte er als Ordinarius für Dogmatik an der Universität Augsburg. Sein Werk umfasst insgesamt rund 550 Titel. Und nicht nur das: Der Priester besaß eine weltweit einmalige Sammlung an Marienmünzen. Am 7. August starb er im Alter von 88 Jahren. 

Man sei schockiert und traurig über den "plötzlichen Tod", schrieb die irische Bischofskonferenz nach dem Tod von Erzbischof Noel Treanor. Von 2008 bis 2022 wirkte Treanor als Bischof seiner Heimatdiözese Down and Connor in Nordirland. Dann berief Papst Franziskus ihn zum Apostolischen Nuntius bei der EU. Bis zu seinem Tod am 11. August übte er sein Amt als Papstbotschafter bei der EU aus. Auch davor engagierte der Geistliche sich bereits auf europäischer Ebene: Von 1993 bis 2008 amtierte er als Generalsekretär der EU-Bischofskonferenz COMECE in Brüssel.

Als Mitinitiator der Friedensbewegung "Schwerter zu Pflugscharen" wurde der evangelische Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich-Wilhelm Schorlemmer auch international bekannt. 1944 im brandenburgischen Wittenberge geboren machte der Pastorensohn Schorlemmer schon früh Bekanntschaft mit den Repressionen des SED-Regimes in der DDR. Nach dem Theologiestudium in Halle wirkte er als Studentenpfarrer in Merseburg, war später Dozent am evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg. Bei der regierungskritischen Großdemonstration am 4. November 1989 auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz gehörte auch er zu den Rednern. Zuletzt lebte er in in einem Berliner Pflegeheim. Dort starb er im Alter von 80 Jahren am 9. September

Ob "Derrick" oder "Tatort" – zwischen 1967 und 1991 war Thomas Astan-Gnacke in zahlreichen deutschen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Außerdem arbeitete er als Regisseur an verschiedenen Theatern. Aber nicht nur dort wirkte er: 1990 trat der gebürtige Westfale in die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Rom ein und wurde 1996 zum Priester geweiht. Von 1995 bis 2015 leitete er die Künstlerseelsorge im Erzbistum Berlin und machte sich dort besonders um den "Ökumenischen Aschermittwoch der Künstler" verdient. Am 13. Oktober starb er im Alter von 82 Jahren in einem Pflegeheim im Landkreis Rosenheim.  

Er war Mitbegründer der Befreiungstheologie und wurde von zahlreichen Universitäten mit Ehrendoktorwürden bedacht. Trotzdem wurde Gustavo Gutierrez' Wirken vom Vatikan zunächst kritisch beäugt. Der 1928 geborene Gutierrez studierte in Lima, Löwen und Lyon Medizin, Philosophie, Psychologie und Theologie. 1971 erschien sein in viele Sprachen übersetztes Buch "Theologie der Befreiung", das der Bewegung ihren Namen gab. Darin bemühte er sich um Antworten auf die Unterdrückung und Entrechtung von Menschen. In den vergangenen Jahren arbeitete der Priester die historischen Hintergründe der Befreiungstheologie auch kritisch auf, plädierte aber auch weiterhin für die "Option der Armen". Gleichzeitig räumte er "Übertreibungen, sogar einige Irrtümer" der Theologie ein und distanzierte sich wiederholt vom Marxismus. Am 22. Oktober starb Gutierrez im Alter von 96 Jahren. 

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Der emeritierte Limburger Bischof Franz Kamphaus (1932-2024).

"Seine charismatische Persönlichkeit wird fehlen", sagte der Limburger Bischof Georg Bätzing nach dem Tod seines Vorvorgängers Franz Kamphaus. Wie beliebt Kamphaus in seinem Bistum war, wird auch daran deutlich, dass sich nach dem Totengebet eine lange Schlange mit Gläubigen bildete, die von ihrem ehemaligen Bischof Abschied nehmen wollten. Der gebürtige Westfale Kamphaus leitete das Bistum von 1982 bis 2007. Für bundesweites Aufsehen sorgte sein Widerstand gegen Rom Ende der 1990er Jahre. Als einziger deutscher Bischof hielt er an der Schwangerenkonfliktberatung fest, obwohl Papst Johannes Paul II. einen Ausstieg angeordnet hatte. 2002 beendete der Papst den Alleingang – Kamphaus beließ er jedoch im Amt. Nach seiner Emeritierung 2007 lebte der Bischof im Sankt Vincenzstift mit geistig behinderten und mehrfach eingeschränkten Menschen zusammen. Dort starb er am 28. Oktober im Alter von 92 Jahren. 

Generationen von Theologiestudenten arbeiteten mit ihrer Textausgabe des griechischen Neuen Testaments, dem "Nestle-Aland": Barbara Aland wurde international bekannt durch ihre Arbeit am griechischen Urtext des Neuen Testaments. Von 1980 bis 2002 war Aland Professorin für Kirchengeschichte und neutestamentliche Textforschung an der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Münster. Auch andere Standardwerke der Bibelforschung gehen auf die evangelische Theologin zurück. Am 10. November starb sie im Alter von 87 Jahren in Münster. 

Er leitete das Dikasterium für den Interreligiösen Dialog, war ein herausragender Islam-Kenner und damit eine wichtige Säule im Pontifikat von Papst Franziskus. Am 25. November starb Kardinal Miguel Angel Ayuso Guixot im Alter von 72 Jahren. Der gebürtige Spanier gehörte zur Gemeinschaft der Comboni-Missionare und arbeitete vor seiner Berufung nach Rom unter anderem in Khartum und Kairo. 2012 berief Papst Benedikt XVI. Ayuso zum Sekretär des damaligen Päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog. Papst Franziskus ernannte ihn 2019 zum Präsidenten des Dikasteriums für den Interreligiösen Dialog. Federführend war der Kurienkardinal unter anderem an der Abfassung wichtiger Dialog-Dokumente zwischen dem Vatikan und islamischen Lehrautoritäten beteiligt.

Von Christoph Brüwer