Auch Bischof Hanke distanziert sich von Kirchenkritik an Union
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Die kirchliche Stellungnahme gegen die Migrationspolitik von CDU und CSU sorgt weiter für Aufregung innerhalb der katholischen Kirche. Nach dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer ging am Donnerstag auch sein Eichstätter Kollege Gregor Maria Hanke auf Distanz zu der Erklärung. Auf der Internetseite der in Würzburg erscheinenden katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" wird er mit den Worten zitiert: "Die Verlautbarung hat mich verwundert und sehr irritiert, da sie nicht von der Bischofskonferenz ausging, aber diesen Eindruck erweckt." Erst aus den Medien habe er von der Stellungnahme, die gemeinsam von den Verbindungsbüros der katholischen und evangelischen Kirche in Berlin verbreitet worden war, erfahren, fügte Hanke hinzu: "Nach meinem Dafürhalten hat die Kirche für die ethisch tragenden Prinzipien des gesellschaftlichen Miteinanders einzustehen. Wir sollten jedoch sehr zurückhaltend sein, im politischen Wahlkampf Zensuren zu verteilen." In dem Papier könne er "keinen Beitrag zur Versachlichung der politischen Diskussion angesichts der zu lösenden Probleme" erkennen.
"Nicht in meinem Namen"
Voderholzer hatte bereits am Vortag der Zeitschrift "Communio" gesagt: "Die aktuelle Stellungnahme gegen einen Gesetzentwurf der CDU/CSU spricht nicht in meinem Namen." Er sei verärgert über das Vorgehen des Berliner Büros. "Ich distanziere mich in aller Form davon. Leider kann die Deutsche Bischofskonferenz nicht mehr mit einer Stimme sprechen, wie es das Papier vorgibt." In der Erklärung zum sogenannten Zustrombegrenzungsgesetz und im Begleitschreiben an die Abgeordneten werden der Gesetzentwurf der Union und deren Anträge im Bundestag kritisiert, da durch die Debatte Migrantinnen und Migranten diffamiert würden und weil der Beschluss im Bundestag wohl nur durch eine Zustimmung der AfD möglich wäre. Unterzeichnet ist das Schreiben von Anne Gidion als Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Karl Jüsten als Leiter des Kommissariats der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).
Die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, betonte, dass es die mehrheitliche Meinung im Ständigen Rat der Bischofskonferenz Anfang der Woche in Würzburg gewesen sei, in der aktuellen Situation nicht öffentlich in den Wahlkampf einzugreifen. Insbesondere das Begleitschreiben zur Stellungnahme habe aber nun eine "erhebliche Medienresonanz" erzeugt. "Von daher empfehle ich, von weiteren Stellungnahmen abzusehen", so die Generalsekretärin.
Die Kritik der Bischöfe an dem Papier entzündet sich bisher aber vor allem an der Form und weniger an den Inhalten der kritischen Stellungnahme. Der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, sagte der "Tagespost", inhaltlich enthalte die Erklärung "jene Positionen, die in den zurückliegenden Monaten immer wieder öffentlich benannt wurden und hier – mit Blick auf das Gesetzesvorhaben – in einer Stellungnahme des Katholischen und Evangelischen Büros zusammengeflossen sind." Aus einigen Bistümern war zu hören, es gebe viele kritische Rückmeldungen von Katholikinnen und Katholiken, die nicht einverstanden seien mit der scharfen Kritik am Kurs der Union.
Verbände reagieren unterschiedlich
Der Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU), Martin Nebeling, verteidigte am Donnerstag im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) das Vorgehen von CDU-Chef Friedrich Merz und ging auf Distanz zu den kritischen Kirchenstimmen: "Mit Verwunderung haben wir als BKU die Stellungnahme katholischer Vertreter zur Kenntnis genommen", so Nebeling wörtlich. Merz habe sich um einen Konsens der demokratischen Parteien bemüht, sei aber "aus augenscheinlich wahltaktischen Gründen" auf Ablehnung gestoßen, fügte der BKU-Vorsitzende hinzu: "Es hätte an den anderen Parteien gelegen, sich – gegebenenfalls mit Modifikationen – um einen Kompromiss der Demokraten zu bemühen." Der Unternehmerverband stehe auch für eine Abgrenzung zur AfD. Dies müsse aber "nicht zwingend bedeuten, dass eine gute Sache – nämlich die abgewogenen Maßnahmen, die Merz vorgeschlagen hat – deshalb schlecht wird, nur weil auch die AfD zustimmt".
Zuvor hatte die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Merz scharf kritisiert. Dieser habe "durch bewusste Billigung der Unterstützung durch die AfD eine ebenso unchristliche wie menschenverachtende Entscheidung" herbeigeführt. Diese Vorgehensweise am Vorabend des 30. Januar zeuge von einer "beispiellosen Geschichtsvergessenheit". Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler mit Unterstützung konservativer Kreise zum Reichskanzler ernannt. (tmg/KNA)